Oh! Dirty Fingers, 14.08.2024 in Ho Chi Minh City (VN)

Irgendwie verrückt. Anfang des Jahres habe ich mich auf eine Stelle (ja, das mit Arbeiten) in Ho-Chi-Minh-Stadt beworben und nun bin ich doch - nach einigen Irren und Wirren mit den Behörden - wirklich hier. Am Dienstag landet der Flieger, am Mittwoch ist bereits mein erster Arbeitstag und danach findet sofort ein Konzert im Soma statt. Der Laden wurde mir von Joshua, der eine Art Südostasien-Experte in Sachen Punkrock ist und bereits von Diana und Felix für "A Global Mess" interviewt wurde, empfohlen. Ich weiß noch nicht, ob ich mir das mit Jetlag und nach so einem doch eher unentspannten Start antun möchte, andererseits habe ich natürlich wirklich Bock in Sachen Subkultur hier direkt reinzustarten. Schließlich fiel mir schon bei meinem letzten Ausflug in diese Stadt auf, dass diese, was Konzerte angeht, sehr gut aufgestellt ist.

Erstmal stehen jedoch zwei Flüge an. Ich habe mich bewusst für einen Zwischenstop in Katar entschieden. Nicht weil ich das Land, sondern nur den Flughafen feier, der es meiner Meinung nach locker mit Singapur aufnehmen kann, was Wahnsinn und unnötigen Schnack angeht. Trotzdem ist es immer wieder spannend hier durch die Hallen zu spazieren. Ein anderer Grund sind die komfortablen Maschinen, wobei mir aufgefallen ist, dass der Airbus auf der Strecke Düsseldorf-Doha deutlich (!) moderner war, wohingegen der Flieger nach Ho-Chi-Minh-Stadt schon sehr retro wirkte. Egal, trotzdem alles tutti und auch die Immigration und das Koffersuchen (hier werden die Koffer, wenn man nicht schnell genug da ist, einfach vom Band genommen und in eine Ecke geschmissen) klappen problemlos.

Da ich heute nach der Arbeit relativ fit bin und sich der Jetlag wenig bemerkbar macht, beschließe ich - mich beim gemeinsamen Essen mit meinem neuen Kollegen schnell zu verabschieden - und noch schneller mit einem Grab-Moped zum Soma zu fahren. Das Soma gefällt mir noch besser als das Yoko Cafe, da es eine gewisse DIY-Atmosphäre mit den Graffitis im hinteren Bereich ausstrahlt und außerdem eher wie eine Studi-Bar rüberkommt. Außerdem sind heute keine komischen alten Säcke mit sehr junger Begleitung da.

Eröffnen dürfen heute die DIRTY DEADS, womit auch für die weiße Männer-Quote gesorgt wäre. Einer der beiden Gitarristen wird auch später sein Shirt ausziehen. Naja.

Dafür ist der Auftritt aber ansonsten ganz cool. Dirty Deads machen keine Klampfenmusik zum Einschlafen, sondern hauen so richtig schön in ihre Gitarrensaiten rein. Außerdem wird viel rumgezappelt und der Gang vor die Hunde äh ins Publikum gepflegt.

Ein Hund ist aber auch am Start, was zusätzlich für ein bisschen AZ-Atmosphäre sorgt. Dieser wird sogar in ein paar Ansagen erwähnt, z.B. als es in einem Song darum geht, dass alle Leute heute Abend nervig sind. "Except that dog 'cause he's fucking awesome!". Da kann wohl niemand widersprechen. Ansonsten sind die Texte lyrisch eher in die Quatschecke einzusortieren, aber das ist ja auch mal in Ordnung und unterhaltsam ist der Auftritt allemal.

Von Saigon Export geht es jetzt zu dem für hiesige Verhältnisse relativ teuren lokalen Craftbier, das okay ist, aber seinen Preis definitiv nicht wert ist. Die normalen Biere kosten hier gut 2 Euro. Bekommt man ebenfalls in der Stadt auch günstiger, aber ich will ja auch nicht zu dreist sein und außerdem unterstütze ich damit ja auch einen Laden, in dem auch mal das ein oder andere Konzert stattfindet.

Als nächstes spielen dann STRAYSTATION, die machen so richtig schön räudigen Punkrock/Streetpunk und klingen ein wenig nach ganzen alten Black Flag-Sachen. Total stark! Kommen auch aus Saigon. Die Band sollte ich also definitiv auf dem Schirm behalten.

Optisch sowieso stark, dass alle komplett in schwarz gekleidet sind und der Sänger konstant Sonnenbrille trägt. Bei den Ansagen wird sich dann z.B. artig bedankt, dass man den beschissensten Sound aller Zeiten hätte. Aber geil ist halt schon.

Anders als in deutschen AZs wird das Programm hier sehr zügig durchgezogen und so stehen auch bereits um kurz nach 22 Uhr OH! DIRTY FINGERS auf der Bühne. Die sind extra aus China angereist bzw. waren am letzten Wochenende bereits in Hanoi auf Tour. Musikalisch orientiert sich die Band stark an den Talking Heads und bringt dementsprechend eine gehörige Portion Wahnsinn mit. Vor allem Sänger und Drummer sind zu 100% am Ausrasten.

Geile Show, an manchen Stellen ist es vielleicht minimal anstrengend, aber ich denke auch, dass das genauso ist, wie die Musik sein muss. Ich erwerbe noch einen Beutel mit sehr starkem Design und mache mich dann aber auch auf die Socken bzw. aufs Bike. Übrigens hätte ich gerne ein Shirt erstanden, dass gibt es aber nur noch in XL und während in Laos und Taiwan die Sachen total klein ausfallen, scheint man sich hier bereits an Europäer*innen angenähert zu haben. Naja, Beutel ist auch schön.

Somit also ein sehr starker Einstand hier in HCMC. Demnächst also an dieser Stelle mehr Asien-Content von meiner Seite!

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