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Juicy Beats Festival Tag 1, Blond, The Rival Bid, Leftovers, 25.07.2025 in Dortmund, Westfalenpark - Bericht von Fö

Juicy Beats Festival Tag 1, 25.07.2025 in Dortmund

Ich warne schon mal vor, das könnte ein etwas längerer Einleitungstext. Ich weiß nicht ob mittlerweile ne Content-Warnung für längere Texte nötig ist, wundern würde ich mich nicht. Ich glaube, durchschnittliche Internetnutzer:innen hören nach 107 Zeichen auf zu lesen. Quelle: Der Satz "Am 25. & 26. Juli 2025 feiern wir nicht nur unser 30-jähriges Jubiläum, sondern auch das letzte Juicy Beats im Westfalenpark, so wie ihr es kennt.", der, den Reaktionen nach zu schließen, von vielen ohne den letzten Nebensatz gelesen wurde. Geschweige denn der Sätze die danach noch folgten und davon sprachen, das Juicy Beats in den nächsten Jahren neu zu erfinden. Jedenfalls las und hörte ich viele Kommentare, die davon ausgingen, dass das Juicy Beats ja nie wieder stattfinden wird. Aber naja, wir werden sehen, so wirklich beschlossen scheint der Verbleib in der Festivallandschaft ja nun auch nicht zu sein.

Die meisten anderen Kommentare waren von Leuten, die genau zu wissen schienen, warum das Juicy Beats die Kosten nicht mehr stemmen kann und warum weniger Tickets verkauft werden (bevorzugte Gründe: zu teuer, zu billig, zu viele Bands, zu wenig Bands, zu groß, zu klein, zu wenig Gitarren, zu viele Gitarren, zu bekannte Bands, zu unbekannte Bands). Vermutlich sind die auch alle Fußballtrainer wenn WM läuft und Kriegsexperten wenn Länder angegriffen werden. Also, nix gegen ne gesunde Diskussion, aber was soll immer diese "ich weiß es besser"-Mentalität? Ich habe immerhin auch schon ein paar kleinere Veranstaltungen durchgeführt aber ich weiß garantiert nicht besser, warum es mal gut und mal schlecht läuft. Zumindest garantiert nicht besser als die Macher:innen vom Juicy Beats. Dass persönliche Meinungen und Vorlieben immer mehr auf ein Level gehoben werden als seien sie wissenschaftliche Aussagen, muss wohl ein Auswuchs des postfaktischen Zeitalters sein. Aber vielleicht interpretiere ich da auch einfach nur zu viel rein.

Ich hab natürlich auch viel Meinung, das darf man auch gerne haben. Und ich bin auch dem Juicy Beats nicht so verbunden wie viele andere, einfach weil ich mich nicht als Teil der Zielgruppe sehe, aber es interessiert mich natürlich schon was da passiert. Die Forderung, die Stadt möge gefälligst das Festival finanziell unterstützen (paraphrasiert) fand ich zum Beispiel frech in Anbetracht der Tatsache, dass Kulturbüro und Jugendamt schon immer mitgeholfen haben, das Festival auf die Beine zu stellen. Die Stadt hat dann nochmal 90.000 Euro für das diesjährige Festival locker gemacht. Das ist nett, auch wenn ich mir wünschen würde dass dann auch mehr Geld in freier und unkommerzieller Kultur landet. Ich weiß, ist ein bisschen Äpfel vs. Birnen und natürlich will ich den Status des Juicy Beats als Aushängeschild für die Stadt nicht schmälern, aber es muss doch nicht immer alles groß und geil sein. Das Ausspielen verschiedener Veranstaltungsformate gegeneinander ist eh ein Unding, Kultur ist doch kein Wettkampf!
Es gab z.B. auch das Gerücht, das Juicy Beats hätte kleine günstige subkulturelle Veranstaltungen als Ursache für die schlechten Vorverkaufszahlen benannt - das ist meines Wissens falsch. Ursache war ein Interview mit Veranstalter Carsten Helmich, in der er stark subventionierte Gratis-Konzerte benannte. Laut anderen Quellen waren damit aber eben nicht kleine Veranstaltungen gemeint, sondern größere Geschichten wie die Konzerte im Westfalenpark während der Fußball-EM. Also alles ein Gerangel mit einigen Halbwahrheiten und Befindlichkeiten. Dass Fußball schuld ist, freut mich natürlich - wird Zeit das zu verbieten.

Wie auch immer. Das Juicy Beats in diesem Jahr konnte stattfinden, wie es zukünftig so läuft wird sich zeigen. Ich drücke natürlich die Daumen dass es weiter läuft, auch als sehr unregelmäßiger Besucher bin ich mir der Bedeutung des Festivals natürlich bewusst.
Dieses Jahr schau ich zumindest für einen Tag vorbei. Als Zielgruppe sehe ich mich wie gesagt nicht, und auch das Rumtingeln zwischen den verschiedenen Bühnen und Angeboten ist einfach nicht mehr meins, also habe ich mir, im Gegensatz zu meinen Vorgehen bei anderen Festivals, diesmal explizit die Bands rausgepickt die ich sehen will. Nachmittags kurz reingehen, Bands gucken, wieder raus und weiter zu nem Metal-Festival. Soweit der Plan!
Das Gelände wurde verkleinert, dadurch ist alles etwas kompakter. Aber auch verwirrender. Diverse Wege durch den Westfalenpark führen nicht mehr zur Entdeckung neuer Stages und Stände, sondern enden auch einfach mal an ner Absperrung in ner Sackgasse. Und die anderen Wege sind überfüllt. Hat dadurch mehr was von nem "normalen" Festival und weniger dieses "Treiben lassen" des großflächigen Westfalenparks, ist aber vermutlich trotzdem ne Änderung, die finanziell notwendig und sinnvoll ist. Mit ca. 13.000 Besucher*innen am heutigen Freitag ist es auch noch überschaubar, morgen wird es mit 22.000 deutlich voller werden.
Einige Bühnen haben auch ihren Standort geändert, aber das meiste erkennt man wieder. Die 2nd Mainstage alias "Himbeere" kommt mir jedenfalls durchaus vertraut vor. Hier laufe ich aber eher vorbei. Naja, schauen wir mal. 
PATINA RECORDS heißt laut Zeitplan der Act, auch wenn ich dachte das sei ein deutlich größeres Kollektiv als diese drei Dudes da gerade. Aber vielleicht habe ich die anderen auch verpasst. Ist irgendwas mit Rap und HipHop, mir von den Texten her etwas zu Klischee-behaftet aber dafür musikalisch oldschool (also, naja, auch Klischee, hähä).
Nun aber weiter zur Ananas, das ist heute die Bühne von Dortmund.Macht.Lauter und dementsprechend bekommt man hier Dortmunder Bands zu Gesicht. Wie jetzt THE RIVAL BID! Die kenne ich quasi schon länger als es sie gibt und bin auch immer wieder angetan. Drummer und Social-Media-Manager Hauke macht mich später darauf aufmerksam, dass das bierschinken-Zitat „Ekelhaft schmierig gefühlsbetonte Indie-Luschen-Musik. Aber eben in gut!“ immer noch ihren Instagram-Kanal ziert, das macht mich schon ein wenig stolz.
Aber naja. Hauke hat auch im Vorfeld behauptet, das Wetter werde gut. War es auch, bis THE RIVAL BID spielten. Plötzlich öffnen sich die Schleusen und wir kriegen einen kräftigen Monsunregenschauer ab. Wohl verdient! Sänger Maurice stimmt spontan "Why does it always rain on me" von Travis an, was in der Situation echt gut kam!
Ansonsten, naja, ihr wisst, Luschenmusik. Pop und Indie, bisschen New Wave, auch immer mit ner gewissen Melancholie, wenn auch kein Grund so zu heulen dass diese Sturzbäche die zwischen unseren Beinen durch fließen, zu erklären wären. Ich find's musikalisch einfach unfassbar stimmig. Schade dass die Band nur noch selten spielt. 
Recht kurzes Set, alte und neue Lieder, ein Song erhält sogar seine siebte Live-Premiere, wie auch immer die Band das geschafft hat. Ich freu mich jedenfalls, The Rival Bid mal wieder in voller Besetzung live zu sehen.
Und dann? Der Regen wird langsam weniger, war wirklich nur ein kurzer Schauer der nun mal eben ausgerechnet die Show von The Rival Bid getroffen hat. Aber in Anbetracht der Umstände war das auch irgendwie schön.
Die Dortmund.Macht.Lauter-Bühne auf der Ananas ist in diesem Jahr an ner komplett anderen Stelle als früher. Gab es früher noch viel Durchgangsverkehr, muss man sich nun schon gezielt auf den Weg hierher macht. Was natürlich qualitativ fürs Publikum spricht, quantitativ weniger. Trotzdem fand ich den Platz eigentlich ganz schön. Sogar mit Baum zum Unterstellen!
So, bisschen Zeit überbrücken. Zurück zur Himbeere. Schon öfters gehört habe ich von den LEFTOVERS, aber noch nie eindringlich mit auseinander gesetzt, gute Gelegenheit also. Ist irgendwie Punk, aber auch modern, gleichzeitig aber auch sehr altmodisch mit 90er Grunge-Vibes, aber mit deutschsprachigen Texten.
Ich find's irgendwie cool, auch das Backdrop spricht mich an. Dass die drei Leute in der Front auch alle mal den Hauptgesang übernehmen, tut dem Auftritt ebenfalls sehr gut. Die Texte waren mir etwas zu langweilig, aber das muss der Grunge-Einfluss sein. Gefühlt ging es ständig um Saufen und Kiffen. Klar, zeitlose Themen. Aber vielleicht hab ich auch nur die Meta-Ebene nicht verstanden.
Zurück zur Ananas, die nächste Dortmund-Band: KARLSKRONA und was soll ich sagen, hauptsächlich bin ich hier weil ich den Namen cool fand und mir dachte, ne Indie-Band die sich Karlskrona nennt, kann auf keinen Fall schlecht sein. Klare Beweisführung, oder?
Zwei Leute, Indie-Pop. Wie sie erzählen, machen sie auch mal mit reduziertem Set Straßenmusik, heute sind sie etwas breiter aufgestellt. Sind ganz angenehme Songs, schöne Stimme auch. Entfacht keine Begeisterungsstürme bei mir, aber kann man sich gut anhören!
Nun aber weiter zur Hauptbühne! Dort spielen BLOND bereits. Hauptgrund meiner Anwesenheit heute und bisher erst einmal live gesehen, nämlich ein paar Meter weiter auf der "zweiten Hauptbühne" vor 2 Jahren beim Juicy Beats. Damals konnten mich Blond total packen, heute bin ich skeptisch, weil erstens ist der Überraschungseffekt weg, und zweitens ist die Bühne so scheiße groß!
Aber glücklicherweise ist es gar nicht so erdrückend voll vor der Bühne! Mit glücklicherweise meine ich, für mein persönliches Empfinden und nicht fürs Juicy Beats bezüglich der oben erwähnten Thematik mit dem schlecht laufenden Vorverkauf, aber das nur am Rande. Am Rande stehen muss man hier jedenfalls nicht, wer keine Angst vor Schlamm hat kommt sogar noch ganz gut nach vorne vor die Bühne. Natürlich ist es auch alles andere als leer, eben angenehm. Und bei Blond kann man davon ausgehen, dass auch das Publikum angenehm ist.
Und der Auftritt? Total super! Bei Blond stimmt einfach alles. Die Songs sind allesamt Ohrwurm-Hits, die Texte sind pointiert, unterhaltsam, forsch und aussagekräftig. Die Show ist mega professionell durchgetaktet, gleichzeitig vermitteln sie aber den Eindruck, dass sie sich das alles spontan mal so eben ausm Ärmel schütteln. Ansagen unterhaltsam, Bühnenbild stimmig, Sound 1A. Großartig!
Fällt mir wirklich schwer, irgendwas zu bemängeln. Aber gut: Die Ansage, man würde gerne länger spielen, am liebsten 5 Stunden oder für immer, war natürlich ne dreiste Lüge. Diese Einschleimerei, dass Dortmund ja so toll sei, muss auch nicht sein. Das ist mir zu viel Lokalpatriotismus, die Reaktionen aus dem Publikum haben auch eher was von Fußballstadion. Igitt.
Ja, was noch? Blond erzählen uns von den Gänsen im Park und wir sollen sie mal alle mit Gänse-Lauten ("Krrchh...") her locken. Klappt irgendwie nicht so wirklich. Keine Gänseflüster*innen hier. Da sind schon die Gänseprofis von Syff dran gescheitert.
Irgendwann wurde auch noch so ein Schlagersong gecovert, es müsste "Ohne dich" von Münchener Freiheit gewesen sein, wenn ich richtig recherchiert hab, ich hab's nämlich nach dem Auftritt direkt wieder verdrängt. Was für ein schlimmes Lied ey! Aber naja, Blond sind immer noch toll.
Zwischendurch gibt es eindrucksvolle Tanzchoreographien, es wird auch mal gerappt (und damit stecken sie die anderen Rap-Artists des Wochenendes auch mal eben in die Tasche), und sowieso passiert ständig immer irgendwas. Macht total Spaß, da zuzuschauen.
Natürlich gibt es klare Feindbilder (das Patriarchat) und auch sonst hab ich das Gefühl, dass diese Band einfach mehr zu sagen hat als die meisten anderen die so im Mainstream unterwegs sind. Richtig gut! Keine Sekunde langweilig.
Und dann wird auch noch...eine Blockflöte ausgepackt. Seit ich mir kürzlich diverse Interpretationen von Mozarts Zauberflöte angeschaut habe, sehe ich dieses Instrument noch viel skeptischer als zuvor. Aber auch hier schaffen es Blond wieder, mich vom Weglaufen abzuhalten.
Das Publikum soll bunte Sachen hochhalten. Hier zu sehen: Ein Tampon. Irre!
Also, Blond: Ich bin tatsächlich Fan. Megastarker Auftritt!
Und nun? Anschließend ist nicht mehr wirklich viel, was mich interessiert, also reicht es mir fürs heute. Zumal das Gegenprogramm lockt mit dem Slumcult Gathering im FZW. Da krieg ich dann auch die harten Gitarrenklänge, die man beim Juicy Beats nicht findet...


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Weitere Infos zu den Bands: Blond, Leftovers, The Rival Bid, Juicy Beats Festival, Karlskrona
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