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Hexen*werk: Valley of the Sluts, smr.tni, Championne Mondiale, shimmer, Tigrrez Punch, Ripya Hart, Nenda, 02.08.2025 in Dortmund, FZW - Bericht von der Redaktion

Hexen*werk, 02.08.2025 in Dortmund

Fö: Guter FZW-Sommer gerade. Fast jedes Wochenende irgendeine niedrigpreisige Subkultur-Veranstaltung, das kann gerne so weiter gehen! Wobei ich bei der heutigen Veranstaltung nicht unbedingt sagen würde, dass damit eine bestimmte Subkultur angesprochen werden soll, dafür ist das musikalische Programm einfach zu breit. Und FLINTA* als eigenständige Subkultur, das sehe ich nun nicht unbedingt. Aber vielleicht eine Bewegung, die sich auch innerhalb verschiedener Subkulturen vernetzt.
Wie auch immer, erstes Hexen*Werk Festival, ganz unter dem Motto, dass es ja wohl kein Hexenwerk sei, FLINTA*-Acts zu buchen, wie es viele Veranstaltende behaupten. Wobei heute der FLINTA*-Anteil noch weiter geht als viele vergleichbare Bookings, die sich ja oft damit begnügen, wenn zumindest eine Band eine FLINTA*-Person dabei hat. Das sieht heute anders aus!
Übrigens: Ein bisschen unangenehm ist mir schon, dass wir hier als zwei Dudes diesen Bericht schreiben, aber Bierschinken hat halt einfach weiterhin nen ziemlichen Männer-Überschuss. Bei der Veranstaltung selbst und den Besuchenden war der Schnitt dann natürlich schon sehr FLINTA*-lastig und wir sind, wie eh immer, nicht repräsentativ.
Dr. Mabuse: Unpoliddisch ist hier heute gar nichts. Und das finde ich als Sozialwissenschaftler ja auch immer richtig gut! Ich möchte nur meinen Chef zitieren: "Ich wäre mir meiner Meinung gern einmal so sicher wie Sie!" Aber nur durch den Diskurs kann sich Neues entwickeln und Grenzen müssen auch durch extreme Positionen ausgelotet werden. Das muss das Boot (Demokratie) abkönnen! Allerdings wird der politische Diskurs heute durch eine kulturelle Ebene - die Musik - transportiert und das sogar größtenteils tanzbar! Mehr kann man sich nicht wünschen.   
Fö: Geht direkt mit dem wohl sperrigsten Act los: SMR.TNI hat sich vor der Bühne im Club aufgebaut. Ist nun schon mein drittes Noise-Konzert dieses Jahr, aber so ganz dran gewöhnen kann ich mich immer noch nicht. Die Musik erinnert an zerkratzte Schallplatten, einmal durch nen Industrial-Filter gejagt. Darüber, zwischen dem kruden Krach kaum hörbar, Gesang bis hin zu ausuferndem anklagenden Schreien.
Dr. Mabuse: Es erinnert mich an eine frühe Noise Erfahrung im Plattenladen Last Chance! Ich: "Kann ich da bitte mal reinhören?" Verkäufer: "Na sicher!" Ich nach 10 Minuten: "Gefällt mir doch nicht, Danke!" Verkäufer: "Hab ich mir sofort gedacht als ich Dich angesehen habe!" 
Fö: Für viele wohl mehr Mutprobe als Konzertbesuch, aber irgendwie faszinierend ist das Ergebnis schon. Da kommt eine emotionale Tiefe und Verletzbarkeit rüber, die in klassischer Emo-Musik wohl nie erreicht wird. Gleichzeitig bin ich aber auch bockig genug, das einfach nicht als Musik anzuerkennen.
Dr. Mabuse: Ich bin ehrlich - meins ist es nicht! Allerdings respektiere ich die Hingabe mit der hier performt wird!
Fö: Danach giert es meinen Körper nach Tageslicht und bunten Farben. Zum Glück spielen nun CHAMPIONNE MONDIALE in der Bar. Bisher nie live gesehen, bin ich da mal ganz gespannt drauf! Die Musik hat viel so 90er Lofi-Indie-Vibes. Gesungen wird meistens mit zwei Stimmen, was den Liedern angenehmen Druck verleiht. Texte auf deutsch, englisch und in einem Fall auf spanisch, aber das war eh ein Cover.
Dr. Mabuse: Die Gitarre in der Mitte hat die Farbe von Bianchi Radsport! Die Gitarre links ist in Maglia Rosa gehalten für den Gesamtsieg beim Giro d'Italia und links natürlich das Tour de France Gelb! Hier passt alles!  
Fö: Ich habe keine Ahnung von Sport, kann nicht nachvollziehen warum man anderen Leuten beim Sport machen zuguckt, und nerdige Farbenlehre im Sport ist auch abschreckend. Aber schön dass dir das gefällt!
Dr. Mabuse: In der Natur ist es manchmal gut, wenn man abschreckend wirkt! Ich glaube eine aus der Band fährt regelmäßig Fahrrad! 
Fö: Gefühlt kommt in jedem zweiten Song die Tour de France vor, aber vielleicht bilde ich mir das wegen der Outfits der vier nur ein. Ansonsten sind die Highlights für mich die unterhaltsamen Ansagen.
Dr. Mabuse: Die Outfits sind der Hammer! Die Person im Maillot Jaune wird auch konsequent "Ulle" genannt! Zwischen Gesang und Schlagzeug gibt es einen Kampf um die Bergwertung, die aber Schlagzeug doch deutlich gewinnt! Mehr und größere Punkte! 
Dr. Mabuse: Ich finde es sehr schwierig gleich bei der ersten Band zu mansplainen, was vielleicht auch daran liegt, dass ich dieses "alte Männer am Tresen" Ding wirklich gut kenne, aber "Schlägerei in der Provence" ist einfach der Überhit dieser Combo und die einleitende Geschichte lässt Gewalt auch als zulässiges Mittel der Konfliktlösung erscheinen! Selbst für mich als Pazifisten. Adorno sagte auch "Jeder Mensch heute, ohne jede Ausnahme, fühlt sich zu wenig geliebt, weil jeder zu wenig lieben kann." Mit etwas mehr Routine wird das richtig gut werden. Mag ich sehr!
Fö: Dann SHIMMER! Kannte ich zuvor nicht. Die Internetsuche fördert als ersten Satz "vereint einfühlsamen lndiepop mit Disco&Funk" hervor, aber offensichtlich ist der Bandname mehrfach vergeben. Das hier jedenfalls sind SHIMMER aus Berlin und es gibt Screamo zu hören.
Fö: Tatsächlich heute das, was mich musikalisch am meisten packt. Bin zwar kein Screamo-Fan, aber weitestgehend kann man das auch im Post-Hardcore-Genre sehen und dann passt das für mich. Geht gut nach vorne, die Songs sind vielfältig, kommt gut.
Dr. Mabuse: Mich packt es auch sofort. Richtig harter Screamo-Core, der sehr kraftvoll vorgetragen wird.
Dr. Mabuse: Es wird auch noch sehr politisch. Die Solidarität mit Palästina kann ich auch noch gut nachvollziehen, bei Cleopatra G. fällt mir das nicht ganz so leicht. Let's agree to disagree.
Fö: Mir sind solche Aussagen immer zu platt. Um auf dein obiges Zitat zurück zu kommen: "Ich wäre mir meiner Meinung gern einmal so sicher wie Sie!" - das Gefühl kenn ich nur zu gut, ich vertrete selten ne starke Meinung, verliere mich oft im "man muss ja alle Seiten betrachten" und habe umso mehr Respekt vor Leuten mit gefestigter Meinung.
Wie auch immer. Den Fall Cleo kannte ich bisher tatsächlich nicht. Bei Kritik an Gewalt von Polizei und anderen Obrigkeiten stimme ich zu, bei Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung auch, bei Pro-Palästina-Demos fehlt aber mir oft die Abgrenzung von Strömungen, die nicht wirklich an Frieden interessiert sind (siehe dazu auch diese starke Meinung).  
Dr. Mabuse: Ich stimme Dir voll zu! Ich kann mich nur tatsächlich nicht daran erinnern, jemals auf einem Konzert eine Ansage für Shani Louk gehört zu haben. Aber Leid kann und sollte man nicht gegeneinander aufwiegen. Wichtig ist nur, dass man jetzt den Menschen hilft, denen man noch helfen kann.   
Fö: TIGRREZ PUNCH hab ich zumindest vom Namen her schon mal wahrgenommen, mehr aber auch nicht. Eher im HipHop und Trap zu verorten, aber mit viel von dem was mir in dem Genre oft fehlt: Harmonien und Melodien! Dafür also schon mal Applaus.
Dr. Mabuse: Es wird sich gewünscht, dass FLINTA*Personen mehr Räume erkämpfen sollen. Ich denke das trifft heute beim Publikum auf offene Ohren und viel wichtiger auch auf tätige Hände, die das konkret umsetzen! 
Fö: Die Show ist sehr lebhaft, was auch an den vielen Publikums-Interaktionen liegt. Schreien, Choreo tanzen, Mittelfinger zeigen. Wirkt insgesamt zwar immer noch sympathisch, aber mir ist das einfach zu viel des Ganzen. Da fühlt man sich direkt als Außenseiter wenn man "nur" mitwippt. Puh.
Dr. Mabuse: Ich will nicht mitmachen, egal wo! Wenn ich mitmachen will, dann mache ich das schon selbst. Als ich mir gerade im Kopf denke: "Hip hop fühlst Du einfach nicht!" fühle ich es doch ein wenig, weil Tigrrez Punch es so herzlich und begeisternd unter die Menschen bringt, dass man nicht mehr stille stehen kann.  
Fö: Die Herzlichkeit war wirklich außerordentlich, auf und vor der Bühne!
Fö: VALLEY OF THE SLUTS hab ich nur zum Teil gesehen, es gab ein paar Gespräche, und im Foyer einen DIY&Kunst-Markt, also mehrere Stände mit Bildern, Keramiken und anderen kreativ ausgelebten Artikeln. Aber irgendwann dann doch rein...
Fö: Kommen aus Leipzig, ist im weitesten Sinne verstärkte Gitarrenmusik, zumindest haben sie das am Ende so oder ähnlich selbst bezeichnet. Manchmal hat es für mich was von Grunge, aber mit Geschrei, und dann wieder eher Metal und Stoner.
Dr. Mabuse: Leipzig ist echt reich gesegnet mit guten Bands! 
Dr. Mabuse:  Ich glaube die Band ist sich da selbst nicht ganz einig, ob es jetzt Stoner-Doom oder doch etwas anderes ist. Für mich sind die hier heute aber das ganz klare Highlight. 
Dr. Mabuse: Manchmal finde ich die Bassläufe fast motörhead-lastig. Aber ich habe schließlich auch gar keine Ahnung. 
Dr. Mabuse: Der Überhit wird trotz leichtem zeitlichen Verzug noch ganz am Ende gespielt und heißt "Suffering from Success". Unglaublich routiniert wie die ihr Set runterspielen. Zuletzt fand ich ja The Red Flags im FZW ähnlich begeisternd. 
Fö: RIPYA HART! Auf die Band war ich heute tatsächlich am meisten gespannt, noch nie gesehen aber öfter von gehört. Was es dann an Musik zu hören gibt, geht am ehesten in die Ecke Grunge & Riot Grrrl. Paar Lieder etwas schneller, das waren dann auch so meine Highlights.
Dr. Mabuse: Ich finde die stimmlich toll. So zwischen Linda Perry und Alanis Morissette! Auch hier wird sich mit "Free Palestine" positioniert. Beste Zwischenansage: "Kümmert Euch um Euch!" Ich glaube heute ist die Stimmung tatsächlich sehr positiv aufgeladen und für alle Anwesenden ein großer Safespace. 
Fö: NENDA ist nun dran. Kannte ich vorher auch nicht! Hip Hop gibt es zu hören. Aus London, wie ich dachte, aber eigentlich wohl aus Tirol, wie sie erzählt. Ich muss sagen, die ganze Performance ist in allen Belangen (Songs, Ansagen und ganz allgemein das Agieren auf der Bühne) einfach ein paar Level über dem was wir bisher gesehen haben.
Dr. Mabuse: Ich bin ähnlich sprachlos wie damals beim Youth Brigade 2022 Auftritt von Queenwho! Bei den ersten gesungenen/gerappten Zeilen habe ich auch sofort an Ms Banks aus Liverpool gedacht, nur mit mehr politischem Tiefgang. 
Fö: Kommt alles sehr sympathisch rüber, auch von den Ansagen her - da geht's viel um Alltagsrassismus oder genauer Intersektionalität als weibliche Person of Color in den Tiroler Alpen. Um den Krampus-Brauch ging' auch, weirde Sache. Texte meist auf englisch, manchmal kommen Passagen auf deutsch rüber. Musik und teils auch Vocals vom Band, was ich immer sehr verwirrend finde.
Dr. Mabuse: Viele Rapper:innen haben ja bei Live-Auftritten einen „Hype Man“ (oder Hypewoman) der/die einzelne Worte oder Zeilen („Shout-outs“) ergänzt und Schlüsselpunchlines wiederholt, so dass quasi ein Dialog entsteht. Da hier nur DJ Thomas (habe ich mir den Namen richtig gemerkt?) mit auf der Bühne im Bürostuhl sitzt, muss Nenda das quasi allein (also von Band) machen. 
Dr. Mabuse: Der Gedanke: "Hip hop fühlst Du einfach nicht!" ist gerade gar nicht mehr so präsent. Das ist schon richtig gut. Nenda könnte jetzt wie Lady Sovereign "I got you dancing" sagen und es wäre nicht gelogen! Sie ist heute auf jeden Fall die positive Überraschung des Abends! Neben all den politischen Themen wird sich natürlich auch zur dramatischen Lage in Palästina positioniert. Ich mache es mir ganz einfach und lebe immer nach dem Grundsatz, dass Menschenrechte immer und überall zu gelten haben! Wäre die Welt wie das Hexenwerk heute, gäbe es ein bisschen Hoffnung, dass das keine graue Theorie bleibt! Schwarz weiß ist heute nämlich nur das Outfit von Nenda, die ich jetzt doch intensiver musikalisch verfolgen werde! Der Titel für die "beste Freundin" bleibt noch positiv im Kopf kleben und die Frage, ob man im Ruhrgebiet auch "Deppert" sagt, wenn jemand etwas dummes tut! Nicht wirklich, aber wir verstehen das schon, weil alle auch den Tatort aus Österreich schauen! 
Fö: Ich finde ja, manche Ausdrücke kann man sich ruhig mal kulturell aneignen! "Deppert" finde ich schön, werde ich versuchen in meinen Wortschatz aufzunehmen. Noch ein Beispiel: "Das geht sich aus" ist einfach eine tolle Redewendung, die man hier einfach nicht kennt.
Dr. Mabuse: Ich "schleich mich jetzt" und Du "gschissener Piefke" solltest das jetzt auch tun!
Fö: lass das nicht die CDU und den Verein für deutsche Sprache hören! Erst Gender-Gaga und jetzt Ösi-Sprech, die kriegen doch Schnappatmung!
Fö: Anschließend wird aufgelegt! DJ FLATCHEST als ein Teil der Serving Cxnts, die ursprünglich angekündigt waren. Da wird's dann eher elektronisch und mir fehlt total der Zugang, aber trotzdem gute Wahl so als Abschluss für einen musikalisch wirklich sehr breitgefächerten Abend. 
Dr. Mabuse: DJ Flatchest hat auf jeden Fall alle Acts heute maximal supportet und auch das Set hört sich sehr vielversprechend an. Leider bin ich kurz vorm Hungerast auf einer Bergetappe der Tour de France und muss jetzt schnell etwas zu essen auftreiben. Es war eine ganz großartige Veranstaltung, die unbedingt ganz viele Wiederholungen verdient hat. Danke an alle, die das möglich gemacht haben und insbesondere Itza!
Fö: Danke auch von mir! Weiter so!


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