Nicht eingeloggt - Login [Registrieren]
Login X

Passwort vergessen?
Freitag, 22.07.2016: Interview mit Useless ID



Die israelischen Skatepunker Useless ID sind gerade mit neuem Album "State is burning" auf Tour, da kann man sich doch glatt mal auf ein Pläuschken treffen! Hat Gerd gemacht und Gitarrist Ishay auf den Zahn gefühlt:

Gerd: Ok, erste Frage: Wie habt ihr als Band angefangen, was war da so los damals 94 in Israel?
Ishay: Also die Band wurde damals von Guy, der immer noch in der Band ist, und drei anderen gegründet, die nicht mehr dabei sind. Das war 1994, und ich kann nur für mich sprechen. Useless ID war so das interessanteste, was für uns Kids damals passiert ist. Die israelische Untergrund-Musikszene der frühen 90er war sehr metal-begeistert, und wenn es Punks gab, dann haben die sowas wie GBH oder Exploited gehört, nicht sowas wie Useless ID, was auch immer genau das ist. Die, oder wir, wie auch immer, waren die erste Band, die nicht das Publikum angespuckt und mit Flaschen rumgeschmissen hat. Alle anderen Bands haben immer versucht, die härtesten zu sein, aber Useless ID waren einfach ein paar Skaterkids, die ihr Ding gemacht haben.
Wenig später gab es dann mehr solcher Bands, mehr Melodie- und Hardcore-orientiert.
In diesem Sinne haben wir damals ein bisschen gegen die existierende Punkszene rebelliert, haha.
Ich bin damals auf den ersten zwei Shows von Useless ID gewesen und habe auch oft im Proberaum herumgehangen. Die waren ein paar Jahre älter als wir und das war alles sehr spannend. So sind Yotam und ich dann in die Band gerutscht, und seitdem sind es Yotam, Guy und ich, der Drummer wechselt ab und zu.
Vor diesem Lineup wurden genau zwei Lieder veröffentlicht, eins auf einer 7-Inch-Compilation und eins auf Tape, aber alle Alben sind mit Guy, Yotam und mir entstanden.

Gerd: Auch wenn du kein Gründungsmitglied bist, kannst du erklären was der Name der Band bedeutet?
Ishay: Hehe, ja klar. Wir waren eben Skater und haben die ganze Zeit Skateboard-Videos der späten 80er, frühen 90er geguckt. So sind wir auch zu der Musik gekommen, genau wie eine Generation später durch Tony Hawk Swingin' Utters und Lagwagon entdeckt hat. Und es gab ein Skatetape namens "Useless Wooden Toys", und so wollten sie ursprünglich auch die Band nennen. Aber so richtig zufrieden war damit niemand, sie haben dann das Useless behalten und nach irgendwas gesucht, was sie dahinterklemmen können.
Wenn Leute einen Bandnamen suchen, wollen sie damit schnell fertig werden, um sich um andere Dinge kümmern zu können, und so sind sie bei Useless ID geblieben. Useless Wooden Toys wäre als Bandname schon ein bisschen seltsam gewesen, und später haben wir herausgefunden, dass sich eine andere Band tatsächlich so genannt hat, hehe.
Später haben wir uns dann in Interviews immer Geschichten ausgedacht, wenn uns diese Frage gestellt wurde, wir fanden das witzig. Aber das hier ist die wahre Geschichte!
Auf einer unseren ersten US-Touren war ich noch nicht 21 und durfte manchmal nicht in die Clubs rein, in denen wir gespielt haben. Total bescheuert, aber da war meine "ID" ziemlich "useless", hähä. Sowas haben wir dann manchmal erzählt.

Gerd: Gute Überleitung zur nächsten Frage: wie habt ihr es geschafft, in den USA so populär zu werden?
Ishay: Wir sind sauviel getourt, waren oft als Toursupport mit größeren Bands dabei, das bringt natürlich eine Menge. Unsere Headlinertouren durch Europa waren nie so gut wie die Support-Touren mit den Vandals, Ataris oder so. Aber das ändert sich hoffentlich bald (lacht).
Wir hatten immer große Ambitionen und haben immer alles gegeben. Wir sind auf jeden zugegangen und haben Flyer verteilt, wir haben Fat Mike auf ner Bouncing Souls Show getroffen und ihm einfach von unserer Band erzählt, ich könnte mir heute gar nicht mehr vorstellen, Leute so vollzulabern.
Wir haben schon 2000 das erste Mal mit Lagwagon gespielt, und es war total unglaublich. Ich stand hinter der Bühne und hab sie spielen sehen und konnte es wirklich kaum fassen, ein Traum wurde für mich wahr.
Unsere Herkunft war vielleicht auch ein kleiner Bonus, wir kommen von weit weg und brauchten immer alle Hilfe, die wir kriegen konnten, und gerade die US-Bands waren sehr großzügig. Ich weiß nicht, ob wir jetzt hier sitzen würden, wenn wir aus San Diego gewesen wären, haha.

Gerd: Wer war die erste Band, die euch mit auf Tour genommen hat?
Ishay: Die Vandals und die Ataris. Wir hatten mit den Ataris sehr viel Spaß, die hatten gerade angefangen, in Kalifornien zu spielen, als sie von Indiana da rüber gezogen waren. Wir wurden gute Freunde, das war damals, vor dem Internet, wir haben telefoniert und so, und irgendwer hatte dann die Idee mit der Split-CD, so sind Kung Fu Records auf uns aufmerksam geworden, und dann folgten die ersten Touren, das war 99 oder so. Wir haben das nicht wirklich geplant, die haben einfach gesagt: "Ey, ihr da, ihr kommt jetzt mit auf Tour", haha.

Gerd: Eins meiner Lieblingslieder von euch ist "State of Fear". Würdet ihr sagen, dass das Lied heute noch relevant ist?
Ishay: Ich würde sagen, dass es immer relevant ist. Die Spannung und die ganzen unnötigen Konflikte in der Welt wird es immer geben. Manchmal beruhigt es sich etwas, aber das "Shit-Level" der Welt steigt und steigt. Das Lied bleibt relevant, es könnte in 1982 oder 2040 geschrieben worden sein. Wenn mich 2040 jemand interviewt, werde ich vermutlich dasselbe sagen.

Gerd: Liegt es daran, dass Punkrock immer gegen etwas rebelliert, und in härteren Zeiten mehr Stoff für gute Musik vorhanden ist?
Ishay: Teilweise schon, ich glaube die meisten engagierten Bands wollen die Welt einfach ein bisschen besser machen. Die Leute dazu bringen, aufzustehen und was zu tun.
Unsere Lieder dauern zwei Minuten, da ist nicht viel Platz für Metaphern, es geht direkt ins Gesicht, die Message kommt ziemlich unverschlüsselt an. Auch wenn es ne Arschloch-Message ist, aber sie kommt an.

Gerd: Wie sieht die Szene in Israel heute aus? Gibt's weitere gute Bands außer euch und "Not on Tour"?
Ishay: Ohh, Not on Tour sind großartig. Die haben es geschafft, zwei gute Alben nacheinander rauszubringen. Manchmal stehe ich auf und höre mir beide am Stück an. Die sind wirklich gut.
Aber die Szene in Israel insgesamt verändert sich eigentlich kaum. Niemand kann nach Israel reinfahren und niemand kann rausfahren, deshalb können wir nicht um Israel herum touren, es kommen wenig Einflüsse von außen rein, weil kaum Bands von woanders spielen. Das ist schon ein ziemlicher Nachteil, nicht in der direkten Umgebung ausgedehnte Touren spielen zu können. In den letzten dreißig Jahren Punkrock - dreißig? Vierzig? - hat nur eine Handvoll ausländischer Bands in Israel gespielt.
Und hier muss jeder von 18 bis 21 zum Militär, das ist ein wichtiges Alter für Punks, in dem sie keine Band gründen, keine Fanzines rausbringen können und vor allem nicht auf Konzerte gehen können. Ein paar Leute aus der Punkszene haben es geschafft, sich für psychisch krank erklären zu lassen, und so um den Wehrdienst rumzukommen, aber das bringt auch nichts, wenn all deine Freunde im gleichen Alter bei der Armee sind.
Wir sind mal durch Richmond in Virginia gefahren, es gab so Punk-Häuser, die man im Vorbeifahren erkannt hat. Sowas gibt's in Israel nicht und wird es wohl auch nie geben. Viele Details, die das Gesamtbild ausmachen, fehlen in Israel - aber das ändert nichts an unserer Liebe zum Großen und Ganzen. Im Gegenteil, wir sind umso begeisterter, woanders hinzukommen, Bands aus fremden Ländern kennen zu lernen, und so weiter.

Gerd: Ihr habt ein neues Album auf den Markt gebracht - was gibt es dazu zu sagen?
Ishay: Von unserem Album davor haben wir kaum Sachen live gespielt. Das Ziel war, Songs zu schreiben, die live auch gut funktionieren, wir haben uns hingesetzt und wirklich daran getüftelt, es hat drei Jahre gedauert, aber wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Wir haben versucht, das beste Album von allen zu machen, aber das versuchen wir immer (lacht). Ich mag auch das ganze alte Zeug, ich glaube unser Zeug ist ungefähr immer gleich gut (lacht).

Gerd: Ich finde, "Redemption" sticht schon etwas heraus.
Ishay: Ja, das Album hat viele gute Songs. Yotam hatte ein paar persönliche Schwierigkeiten am Start, die er jetzt nicht mehr hat, die sind wohl auch in die Musik eingeflossen und haben ein paar extrem gute Songs hervorgebracht. Das können wir heute leider nicht wiederholen, aber wir tun was wir können!

Gerd: Um dieses Interview mit einer lustigen Anekdote zu beenden: Was ist dein Lieblingstier?
Ishay: Früher hätte ich sofort gesagt: Katze. Aber jetzt sage ich: Hund! Denn meine Katze hat bisher noch jedes paar Kopfhörer angefressen. Hunde machen das nicht, haha!


Gerdistan 07/2016
Mehr zu: Interview Useless ID
Bitte hier klicken, um diese Seite bei Facebook zu liken oder zu teilen. Mehr Infos, wie wir mit Einbettungen von externen Anbietern umgehen, hier.

Kommentar eintragen:

DER Sascha

26.07.2016 16:02
Weiß da einer nicht so genau, was eine Metapher ist?

Kommentar eintragen - Anmerkung, Kritik, Ergänzung

Name:

e-Mail:

Kommentar:
Deine Eingaben werden bis auf Widerruf gespeichert und für Nutzer der Seite sichtbar.
Die Angabe der Email-Adresse ist freiwillig und sie bleibt nur sichtbar für eingeloggte Nutzer.
Weitere Infos in unserer Datenschutzerklärung.
part of bierschinken.net
Impressum | Datenschutz