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Donnerstag, 19.10.2017: Interview mit Chris Cresswell (The Flatliners)



Vor dem Flatliners-Konzert am 8. Oktober im Münchner Feierwerk hatte Gerd die Gelegenheit, sich zwanzig Minuten mit Chris hinzusetzen und ihm ein paar Fragen zu stellen. Was dabei herausgekommen ist, lest ihr hier.


Bierschinken: Erste Frage, los geht’s. Wie bist du zum Punkrock gekommen, wie hat das alles angefangen?
Das ist bei mir die gleiche Geschichte wie bei vielen Leuten. Mein Bruder, der drei Jahre älter ist als ich, und seine Freunde waren viel cooler als wir. Denn man will ja immer so cool wie seine älteren Geschwister sein, nicht wahr? Die waren alle Skateboarder, als hab ich auch damit angefangen. Dann kam der Winter und wir sind alle aufs Snowboard umgestiegen. Dadurch sind wir dann an Skate- und Snowboardvideos gekommen, und auf deren Soundtracks waren eben Bad Religion, Rancid, The Mighty Mighty Bosstones, NOFX, No Use, Lagwagon und sowas drauf, das sind so meine ersten Erinnerungen an Punkrock.
Kurios daran ist, dass mein Bruder und seine Freunde das Zeug auch gehört haben, aber nicht besonders lange, die haben dann angefangen, Hiphop zu hören. Meine Freunde und ich, besonders John und Scott, die jetzt auch in der Band sind, sind irgendwie drauf hängen geblieben.

Bierschinken: Und dann habt ihr beschlossen, selbst eine Band zu gründen?
So ungefähr. Wir haben uns dann erstmal für die Anfänge interessiert und haben uns die ganzen Bands angehört, die die genannten Bands inspiriert haben, also Black Flag, Descendents und das ganze Zeug. Aber damals waren wir zwölf, vielleicht dreizehn, und wussten noch gar nicht, dass das so wirklich unser Ding ist. Erst ein bisschen später haben wir die Band gegründet.

Bierschinken: Wie alt wart ihr also, als ihr die Flatliners gegründet habt?
Vierzehn (lacht). Paul war schon fünfzehn, weil er ein paar Monate älter ist. Scott, John und ich waren aber erst vierzehn.

Bierschinken: Spielt ihr seitdem immer noch im selben Lineup?
Ja, die selben vier Jungs, immer noch. Dieses Jahr haben wir die Band dann fünfzehn Jahre, also sind wir alle unser halbes Leben in dieser Band gewesen.

Bierschinken: Und warum habt ihr euch „The Flatliners“ genannt?
Damals in der Schule – Scott, John und ich sind zusammen zur Schule gegangen, Paul ist aus einer anderen Stadt – haben wir uns überlegt, dass jeder nach Hause geht und fünf mögliche Bandnamen aufschreibt. Die wollten wir uns dann am nächsten Tag zusammen angucken und den besten aussuchen. Ich hatte exakt einen Vorschlag, Scott hatte auch nur einen – und das war’s. Scotts Vorschlag verrate ich nicht, der war nämlich wirklich furchtbar, und da blieb uns nur noch übrig, meine Idee zu nehmen: The Flatliners. Der ist auch nicht so richtig super, aber wir hatten ja nichts anderes. Ich war am Vortag mit meiner Mutter in einer Videothek und da stand der gleichnamige Film auf dem Regal, ich hab ihn bis heute nicht gesehen, aber mein 14-jähriges Ich dachte sich, hey, Flatliners, das klingt doch ganz cool.

Bierschinken: Seid ihr eine Vollzeitband oder habt ihr noch normale Jobs?
Wir haben schon noch Jobs, aber wir sind so viel auf Tour, dass wir nicht viel arbeiten können. Aber wenn wir mal etwas länger zu Hause sind, machen wir schon was. Ich arbeite in einer Bar, zwei der anderen sind bei den Brauereien angestellt, die Bier an „meine“ Bar liefern. Wir werden alle von guten Freunden beschäftigt, haben keinen richtigen Boss, der hinter unseren Arbeitszeiten her ist. Das ist ganz nett, weil wir so auf Tour gehen können, ohne dass es Probleme gibt.

Bierschinken: Wie kam es zustande, dass ihr auf Fat Wreck Chords gelandet seid?
Wir haben einfach ein riesiges Glück gehabt. Wir sind jetzt zehn Jahre bei diesem unglaublich coolen Label gewesen, das ja wie gesagt einer der Gründe war, wieso wir überhaupt angefangen haben, uns für Punk zu interessieren. Über ein paar Ecken hatten wir Kontakt zu Melanie Kaye, die zu dem Zeitpunkt für Fat Wreck Canada gearbeitet hat. Paul hat sie auf einer Lagwagon/Lawrence Arms/Wilhelm Scream-Show getroffen. War ne gute Show, und er erwähnte, dass wir gerade ein paar neue Songs haben, und ihr Assistent war ein Fan von uns. Als sie ihm dann erzählte, dass sie bald ein paar neue Songs von uns kriegt, ist er total ausgeflippt und diese Begeisterung hat sich irgendwie auf sie übertragen. Dann hieß es, dass sie die Songs Fat Mike schicken wird – wir fanden das schon total großartig, aber hätten niemals damit gerechnet, dass da irgendwas zurück kommt. Und dann hat er tatsächlich irgendwann angerufen. Wir hielten den Anruf für einen Scherz, wir konnten das überhaupt nicht glauben. Wir waren damals 19 Jahre alt! Das war so ungefähr Weihnachten 2006, ich glaub am 24.12. haben wir ihm unsere Demos geschickt. Dann haben wir zwei Wochen nichts gehört und waren uns sicher, dass er unser Zeug total scheiße findet, aber er hat sich halt um seine Familie gekümmert, was man in der Zeit eben so macht. Im Januar hat er dann tatsächlich angerufen und wollte unser Demozeug als Album veröffentlichen – und dieses Album ist vor einem Monat zehn Jahre alt geworden. Also kurz gesagt – wir haben einfach ein Riesenglück gehabt, die richtigen Leute gekannt. Wir waren Teenager!

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Bierschinken: Wie war es so, mit Fat Mike zu arbeiten? Wart ihr aufgeregt und ehrfürchtig?
Ja, auf jeden Fall, das ist immer noch so, das geht nie weg, weil er einfach einen so riesigen Einfluss auf uns Kids hatte, durch die Musik und dadurch, dass wir mit NOFX auf Tour gehen konnten. Ein kleiner Teil von mir wird vermutlich bis in alle Ewigkeit jedes Mal „holy shit, it’s Fat Mike!!“ denken, wenn ich ihm begegne (lacht). Aber er ist cool. Tief in sich drin ist er einfach nur ein großer Musikfan, ein Musiknerd. Er weiß ne Menge Zeug über Musik, er ist ein echt guter Songwriter, auf dem Album Cavalcade hat er an ein paar Songs mitgearbeitet, und das war echt verrückt. Mit ihm an unserer Musik zu arbeiten, ganz davon abgesehen, dass er das Zeug auch veröffentlicht, das war schon ziemlich cool. Die zehn Jahre bei Fat waren wirklich gut. Unser neues Album ist jetzt bei Rise Records erschienen, das war eine harte Entscheidung, von Fat wegzugehen. Aber nach zehn Jahren waren wir einfach neugierig zu sehen, wie es bei anderen Labels läuft, und alle beteiligten, Mike eingeschlossen, haben uns dabei unterstützt. Ich hab alle angerufen, es hat sich angefühlt wie mit einer Freundin schlusszumachen, es war wirklich schwer, aber er war total cool und hat nur gesagt, dass wir unser Ding machen sollen, es ist schließlich unsere Band. Und genau das ist seine Einstellung zu ungefähr allem – „es ist eure Band, ich bin nur hier um zu helfen, wenn ich kann“. Er ist ein Punk und er respektiert es, wenn Leute ihr Ding machen wollen.

Bierschinken: Welche Band war die beste, mit der ihr bisher getourt seid?
Puh, schwierig. Wir haben echt Glück gehabt, wir waren mit so vielen coolen Bands auf Tour. Wir haben in den letzten Jahren viel Zeit mit A Wilhelm Scream auf Tour verbracht, die sind so ungefähr die besten Freunde, die wir je beim Touren hatten. Aber jetzt gerade sind wir mit Prawn und Not Scientists unterwegs, die zusammen mit uns drei ziemlich unterschiedliche Bands sind, aber die sind super und wir können uns wirklich glücklich schätzen, mit ihnen zu touren. Die Spanne, was Punk ist und was nicht, bzw. was in dieser kleinen Welt akzeptiert wird, wird immer größer, deshalb kann man sowas bringen. Aber auch wir und A Wilhelm Scream sind sehr verschiedene Bands, aber aus irgendeinem Grund funktioniert es wunderbar.
Und wo wir uns gerade in Europa befinden – eine der besten Bands, die wir hier kennen gelernt haben und mit denen wir auf Tour waren, sind Astpai aus Österreich, die sind einfach unglaublich, und sie werden immer besser. Eine der besten Bands, die ich je kennen gelernt habe. Ihr Sänger war ein paar mal mit uns als Stagehand auf Tour.

Bierschinken: Habt ihr schon mal an einem wirklich seltsamen Ort ein Konzert gespielt?
Haha, ja, oft. Auf unserer ersten Europatour haben wir irgendwo in Frankreich gespielt, mitten im Wald, auf einem echt seltsamen Festival. Da war nur ne Plane gespannt, keine Bühne, nichts. Es war verdammt kalt, aber es hat Spaß gemacht. Letztes Jahr waren wir in Italien, und die ganze Show lief über einen Generator. Beim Soundcheck war dann das Benzin alle, und wir mussten warten, bis sie neuen Sprit besorgt hatten, das war ziemlich beknackt (lacht).

Bierschinken: Was sind die größten Unterschiede zwischen Shows hier in Europa und drüben bei euch in Nordamerika?
Da wir ja aus Kanada sind, haben wir da natürlich mehr getourt, als sonst irgendwo. Die letzten Jahre sind wir aber mindestens einmal im Jahr in Europa gewesen. Ich glaub der größte Unterschied ist, dass die Leute in Europa wissen, was sie wollen. Wir müssen uns nicht mehr verkaufen, also als wir zum Beispiel damals auf der Warped Tour dabei waren, haben wir Flyer mit unseren Spielzeiten verteilt, Poster aufgehängt und so weiter. Mit Twitter und Instagram und Facebook ist das alles ein bisschen einfacher geworden, aber als wir 2008 das erste Mal beim Groezrock in Belgien waren, haben wir vormittags um halb elf gespielt, keinen einzigen Flyer verteilt und es waren trotzdem fünftausend Leute da, um uns zu sehen. Das war schon echt krass und hat uns den Unterschied klar gemacht.

Bierschinken: Vielen Dank fürs Gespräch!


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Gerdistan 10/2017
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