2017 habe ich Days N Daze für mich entdeckt und war sehr positiv überrascht von der Musik, die halt mal nicht so in klassische Punkschubladen passt. Die letzten beiden Alben "Rogue Taxidermy" und "Crustfall" laufen bei mir immer noch rauf und runter und auch live konnten mich Days N Daze bisher jedes Mal überzeugen. Da gab es keine großen Überlegungen, als die Anfrage reinkam, ob ich nicht ein Email-Interview mit der Band führen wolle, pünktlich zum Erscheinen des neuen Albums "Show me the blueprints".
Das Interview wurde als Email-Interview geführt. Geantwortet haben Jesse (Gesang, Gitarre) und Whitney (Gesang, Trompete)
Thomas: Hey! Schon mal vorab vielen Dank für eure Zeit und das Beantworten der Fragen! Könnt ihr Days´N´Daze in 5 Wörtern Menschen beschreiben, die euch noch nicht kennen?
Jesse: Akustik so laut wie möglich!
Thomas: Drogenabhängigkeit ist häufig Thema bei euren älteren Songs und genauso Thema beim kommenden Album "Show me the blueprints". Im Song "LibriYum" singst du, Jesse, davon, endlich nüchtern zu sein. Auch die aktuelle Bandbio thematisiert das. Was war der Wendepunkt, endlich nüchtern zu werden und welchen Einfluss hat das jetzt auf die Band?
Jesse: Ich war an dem Punkt gekommen, dass ich bereits zum Frühstück eine Fünftel-Flasche Wodka getrunken habe, damit das Zittern aufhört. Wir waren auf Tour mit Leftöver Crack und, so haben die Ärzte es gesagt, meine Leber hatte den Alkohol gar nicht mehr richtig verarbeitet und so ist ein Großteil davon direkt ins Blut gegangen. Dieses vergiftete Blut, das somit durch mein Gehirn zirkuliert ist, hat eine Persönlichkeitsveränderung hervorgerufen, welche ich zu dem Zeitpunkt gar nicht bemerkt habe, aber retrospektiv gesprochen, war ich halt nicht mehr wirklich anwesend. Es wurde dann so schlimm, dass mich meine Frau ins Krankenhaus bringen musste. Dass ich jetzt nüchtern bin, ist das beste, was mir für mein Leben passieren konnte. Natürlich auch für die Band.
Whitney: Unsere erste Aufnahmesession für das aktuelle Album hat mir die Augen geöffnet. Ich hatte ein paar echt harte Jahre hinter mir und ich war von mir im Studio selbst total enttäuscht, denn ich hatte gemerkt, dass meine Abhängigkeiten mich davon abgehalten haben, das zu spielen, was ich eigentlich kann. Als ich nach der Session nach Texas zurückgekommen bin, hat mich mein Hund beim Begrüßen derart umgerannt, dass ich mir meinen Knöchel gebrochen habe. Das hat mich dazu gezwungen, erstmal zu pausieren und mir Zeit gegeben, über mich selbst nachzudenken. Also, habe ich mich selbst auf Entzug gesetzt und mir den Arsch abgeübt. Das nächste Mal als ich ins Studio kam, habe ich endlich das spielen können, was ich wollte. Dieses Album fertig stellen zu können und endlich wieder für meine Band da sein zu können, war das schönste Gefühl überhaupt.
Thomas: Wie kam es zu der Entscheidung, zu Fat Wreck zu wechseln, nachdem ihr so viele Jahre alles selbst gemacht habt, vom Aufnehmen bis hin zum Buchen der Touren?
Jesse: Ich meine, wir sind aufgewachsen mit NoFX und wenn Fat Mike dich fragt, sagst du nicht Nein zu der Möglichkeit, auf Fat Wreck zu landen. Außerdem liebe ich es, uns aufzunehmen, aber ich bin da nicht so gut drin. Ich war total aufgeregt, die Chance zu bekommen, in ein professionelles Studio zu gehen und noch mehr über das Aufnehmen an sich zu lernen. Wir durften mit Johnny von Old Man Markley zusammenarbeiten. Er hat mir Tonnen von Zeug beigebracht, was ich in Zukunft für weitere Aufnahmen nutzen kann.
Whitney: Also, erstmal möchte ich sagen, das Jesse unfassbar gut beim Aufnehmen ist und es total beeindruckend ist, wie er sich über die Jahre weiterentwickelt hat. Im Endeffekt arbeiten wir als Band immer noch am liebsten mit Freund*innen zusammen. Mit Leuten, die nicht unsere Musik ändern wollen, sondern uns in dem bestärken, was wir bereits seit Jahren machen.
Thomas: Wieviel Zeit steckt ihr in Days´N´Daze? Steckt ihr alle gleich viel darein und seid ihr glücklich damit oder gibt's da Meinungsverschiedenheiten?
Jesse: Wir machen nichts anderes als Days´N´Daze. Ich stehe jeden Tag auf und beantworte erst mal drei bis vier Stunden Emails und Nachrichten. Danach schreibe ich oder nehme Sachen auf. Ich möchte gar nichts anderes machen.
Whitney: Ich hab mich selbst dabei erwischt zu sagen, dass mein einziges Hobby die Band ist und mein einziger Job, mich darum zu kümmern, dass es meiner Familie (Band) gut geht. Ich hab die letzten 10 Jahre jede freie Minute dafür genutzt, mein Leben dem zu widmen. Alle Konflikte innerhalb der Band wurden gelöst, indem wir Songs darüber geschrieben haben und nie aufgehört haben, an uns selbst zu glauben, auch wenns mal richtig hart wird. Unsere Mentalität ist da: Egal was kommt, du bist nicht alleine und das schwingt bei jeder Show, jeder Platte, jederzeit bei allem was uns so passiert, mit.
Thomas: Ich finde, dass die Aufnahmequalität der Alben über die letzten Jahre stetig zugenommen und gerade beim aktuellen Album nochmal einen großen Sprung gemacht hat. Welche Dinge haben sich zum Besseren oder auch zum Schlechteren gewendet, seitdem ihr auf Fat Wreck seid?
Jesse: Alles ist besser geworden. Wir haben eine Menge durch die Arbeit mit Fat Wreck gelernt und ich denke, dass wir insbesondere bessere Musiker*innen geworden sind.
Whitney: Wir haben über die Jahre hinweg bereits eine Menge Dinge auf die harte Tour gelernt, aber wie Jesse es sagt: alles ist jetzt noch besser. Die Jahre des Try and Error haben uns gut vorbereitet für dieses neue Abenteuer und wir sind alle total gespannt zu sehen, was da noch kommen wird.
Thomas: Ihr habt bereits 8 Studioalben mit weit mehr als 100 Songs in den letzten 12 Jahren aufgenommen. Spielt ihr noch alle und wenn nicht, wie sucht ihr die Songs aus, die ihr noch spielt?
Jesse: Einen ganzen Haufen haben wir noch nie gespielt!! "Circle Em" zum Beispiel haben wir aufgenommen und nicht ein einziges Mal gespielt, geschweige denn gemeinsam geprobt. So lange nicht jemand von uns einen Song wirklich spielen will oder wir danach gefragt werden, nehmen wir einfach die "Hits".
Whitney: Manchmal "vergessen" wir Songs auch einfach. Dann besprechen wir das kurz und packen den Song auf die Setlist und schauen wie der ankommt oder wie viel Spaß wir haben, den zu spielen. Dann kommt der Song auf die Liste mit "Songs, die wir spielen können". Manchmal muss ich mir die Trompetenparts neu ausdenken, da ich die nur ein einziges Mal für die Aufnahme gespielt habe. Es ist immer ein chaotischer Mix aus neuen, alten und noch älteren Songs, die irgendwie in unserer Setlist landen.
Thomas: Ich hab mal ein Video von euch gesehen, in dem ihr Hatemails vorgelesen habt, die an Days´N´Daze gerichtet waren. Kriegt ihr sowas immer noch und wenn ja, wofür kritisieren euch die Leute?
Jesse: Insgesamt kriegen wir nicht besonders viele Hassmails. Also, in Anbetracht, dass es das Internet ist, wurden wir über die Jahre sehr gut behandelt.
Whitney: Ich hab auf jeden Fall die Hassmails im Internet verfolgt. Der größte Aufreger war wohl, dass wir Werbung für Bud Light in einem unserer Videos hatten...Insgesamt ist unsere Community aber sehr unterstützend und wir versuchen immer mit den Leuten in Kontakt und Austausch zu bleiben, die uns und unsere Musik seit Jahren verfolgen und unterstützen.
Thomas: Was waren/sind eure Pläne für die nächsten Monate auch in Hinblick auf das Corona-Virus?
Jesse: Einfach drinnen bleiben. Songs schreiben, ein paar Demos aufnehmen vielleicht. Ich habe ein paar Gastgesänge für Night Gaunts, Gold Wolf and Shooting Tsars aufgenommen. Außerdem habe ich gelernt, wie man Live-Streams macht. Das ist auf jeden Fall ein guter Rückenkratzer, wenn es mich mal wieder juckt, Konzerte spielen zu wollen.
Whitney: Durch verrückte Umstände bin ich mit meinem Partner nach New York gezogen. Neben dem häuslichen Einrichten mache ich zur Zeit eine Menge Schadensbegrenzung, wie Absagen schreiben, das Jahr neu planen - haufenweise Emails. Die nächsten Wochen werde ich eine Menge Zeit mit meinem kommenden Solo-Album verbringen und hoffentlich ein Demo fertig bekommen, bevor es wieder auf Tour geht. Wir haben ein kleines Heimstudio, sodass es auf jeden Fall eine Menge neuer Musik geben wird. Und natürlich Live-Stream-Shows! In Anbetracht der Umstände so beschäftigt wie möglich bleiben!
Thomas: Ich hab den Hidden Track auf eurem kommenden Album gehört. Wird es vielleicht ein elektronisches Days´N´Daze Spin-Off Projekt geben?
Jesse: Haha, das hoffe ich! Das hängt davon ab ob Sturgeon (Sänger von Leftöver Crack) weiter geile Beats für uns macht.
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