Ich weiß nicht genau, was ich an Timbeau gut finde. Das Debutalbum des hippen Typen verbindet Indiebeats mit Hamburgerschule-Texten. Vielleicht fühle ich mich hier auch noch so heimisch, weil mein Hipster-Alter-Ego um 2010 immerzu auf dem Hamburger Dockville Festival rumgelaufen ist, bevor es von den üblichen Massen an saufenden Teens und Twens aus dem gentrifizierten Hipster-Himmel zurück auf den bitteren Boden der dreckigen Festival-Tatsachen geworfen wurde. Genau da gehört Timbeau eigentlich hin! Also auf das damals noch so schicke Indie-Hipster-Elektro-Festival, wo Anzughosen noch selbstbewusst zu bunten, kurzärmeligen Blumen-Hemden getragen wurden. Das Musikvideo zu Melodram scheint mir auch genau dort gedreht worden zu sein. Das ganze Ding schreit vor Hipster-Ästethik! Eigentlich erwarte ich von mir, alles was hier geboten wird mit Verachtung zu strafen, doch dann ertappe ich mich dabei, wie ich mich fallen lasse, und merke, wie gut ich mich hier wiederfinden kann. Denn Timbeau scheint um seinen Platz in eben dieser, so unpolitisierten und oberflächlichen, aber auch mit Sicherheit und Anerkennung um sich werfenden Szene zu wissen. So singt er in "Bieder", dem zweiten Song aus 8, selbstentlarvend, wie selbstbewusst: "Eigentlich will ich euch alle anschreien [...] Ich hoffe ich bleib bieder".
Bieder / bie:der Adjektiv
1. rechtschaffen, aufrichtig und verlässlich, ehrenwert und anständig "ein biederer Bürger"
2. auf beschränkte Weise rechtschaffen, allzu naiv; einfältig, treuherzig "einen Befehl brav und bieder ausführen"
3. etwas einfallslos, hausbacken und unoriginell; langweilig und ohne Reiz
Das ist das alte Dockville-Gefühl. Oh Timbeau, du schöne Kunstfigur, gebrochene Männlichkeit, you got me!
01. Melodram
02. Bieder
03. Sonnenstich
04. Und da die Traurigkeit
05. Wundersam
06. Schlendrian
07. So schön allein
08. Die Mannigfaltigkeit