Deutschrap, deutscher HipHop und Zeckenrap...das sind alles Begriffe, die weniger Euphorie, sondern vielmehr Ekel und Schüttelfrost bei mir auslösen. Meistens sind nämlich bei diesen Genre entweder die Beats, die Lyrics oder beides kacke. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel. Außerdem kenne ich mich mit HipHop einfach zu wenig aus, um da eine wirklich differenzierte Rezi rauszuhauen. Doch gerade als ich dachte, dass besagtes Genre für mich wohl für immer verloren ist, kommt Babsi Tollwut mal eben ganz locker mit ihrem neuen Album "HipHop ist am Arsch" um die Ecke. Dieses ist eine gnadenlose Kampfansage und ein Zersprengen von altbekannten Grenzen, Zwängen und Konventionen. Dabei gelingt es Babsi Tollwut nicht nur, gute Tracks rauszuhauen, sondern mit einer schnoddrigen und unverkrampften Attitüde den Verhältnissen den Mittelfinger zu zeigen. Die von ihr hierbei bedienten sprachlichen Bilder sind wirklich stark. In "Blasenprobleme" geht es zum Beispiel um das kranke kapitalistische Wirtschaftssystem ("Wie kannst du hier gesund bleiben?"), während Babsi Tollwut bei "Bushido in mir" sich selbst reflektiert. Sehr positiv finde ich, dass es auf "HipHop ist am Arsch" auch mal vulgärer werden darf. Rapper*innen, die sich nicht mal trauen, "scheiße" zu sagen oder mal das eine oder andere explizite Bild zeichnen, sind halt auch einfach suspekt. Babsi Tollwut setzt sich auf der Platte aber auch mit dem Thema Sex auseinander und geht dabei keinesfalls zimperlich vor. Ein absoluter Anspieltipp ist deswegen der Song "Pro Popo", in dem es um die Angst vieler Männer vor dem eigenen Anus geht. Aber nicht nur Sex wird auf dem Album angesprochen, auch die revolutionäre Perspektive, die zwar aktuell kaum greifbar ist, trotzdem aber nicht aufgegeben werden sollte, findet in "Rio" Erwähnung. Auch das Topthema faul rumhängen (triggert garantiert alle Julis) wird in dem grandiosen Feature "Immerhin" mit Torkel T angesprochen. Wobei Babsi und Torkel hier schon deutlich weiter sind als z.B. die Terrorgruppe, denn immerhin sind die beiden im Gegensatz zur Terrorgruppe aufgestanden.
Fazit: Dieses HipHop-Album hat doch tatsächlich alles, was ich bis dato bei deutschsprachigen Rapper*innen vermisst habe.
Anspieltipp: Pro Popo, Immerhin
01. HipHop ist am Arsch
02. Fischfänger feat. DJ Kai Kani
03. Blasenprobleme
04. Schlaflos
05. Badewasser feat. Spezial-K
06. Bushido in mir
07. Pro Popo
08. Immerhin feat. Torkel T
09. Rio
10. Kristalle
11. Hütehund
12. Frühling wird es doch
13. Ich lebe
14. Fischfänger (Stormi-RMX)