Ein Band alt wie ein Baum, über 25 Jahre Punk aus der ostdeutschen Provinz Bad Dürrenbergs (Sachsen-Anhalt, aber kurz vor Leipzig), brauch fast 10 Jahre um ein neues Album zu machen und sie hatten gute Gründe wie Maloche, Karre steckt im Dreck vorm OBI-Baumarktparkplatz (sind die nicht immer asphaltiert?), Elternzeit, aber keine "Kunsthochschule, Stadion-Rock oder Latte-Macchiato-Cafe", sagt der Pressetext.
Also was auch immer, Shutcombo sind wieder da und hauen eine wunderbare Platte raus, die anknüpft wo "Omega IQ" aufgehört hat. Und auch wenn ich ja so Klischee-Abgrenzungen wie Kunstschule und Latte-Macchiato-Cafe ein bisschen albern finde und Stadion Rock wie Bon Jovi ja gerne mal ganz höre, gebe ich zu, dass die neue Platte "Streitlust" diesen Zuschreibungen auch nicht unbedingt entsprechen würde - wobei ja am Ende eh alles Pop ist. Shutcombo sind immer noch angepisst, schnell, melodiös und knallen einen Hit nach dem anderen raus.
Aber der Reihe nach und Pineapple Paul will ja auch noch mitreden: "Reha" startet und Shutcombo sind am Telefon und nachdem die Verbindung endlich steht, werden hymnische Refrains, Melodie und Kurzhalten kurzerhand kombiniert und zack: Hit. Du weißt gleich, du hörst Shutcombo, double time Schlagzeug bei "Hallo sagen", Riff/Melodie dazu und Horschtes Stimme mit den Texten über früher, die Frage, was eine Szene verbindet. Gegen Faschos sein? Zumindest vermute ich das hinter dem Text von "Schlaumeiers Schnauze" - und na klar, wenn du aus der Provinz kommst, dann sind Nazis und rechte Spießer nichts Unbekanntes und halt auch sehr regelmäßig Thema - so ziemlich überall in Deutschland, aber leider gerade besonders in Ecken wie Bad Dürrenberg. Auch wenn Zeilen wie "indem wir von einander lernen" bei "Kein Anschluss unter Spießer Nummer" angesichts der rechten Bedrohung fast ein wenig naiv wirken mögen, bin ich froh, dass Shutcombo es nicht auf ein obligatorisches "Alerta" Gebrüll reduzieren, sondern mehr aus ihren Texten machen, mal mehr mal weniger direkt Geschichten erzählen und das Ganze mit ordentlich Wut untermalen.
Musikalisch hat sich meiner Meinung nach nicht so viel verändert, Shutcombo haben sich diesbezüglich auch nicht neu erfunden, aber dafür haben sie ja auch andere Bands (glaube ich). Sich Jens Rachut bei "Fast allein" fürn Feature mit ins Boot zu holen, überrascht bei der Musik jetzt auch weniger und kommt super und vor allem die Gesangsarrangements in dem Song sind einfach klasse. Veränderung ist immer wichtig, sollte systemimanent sein und wir sollten uns freuen, wenn neue diverse Post-Hardcore-Rumpeldeutschpunk-Bands von der Kunsthochschule übers Cafe ins AZ kommen und uns vor Bewunderung die Spucke weg bleibt und genauso freue ich mich über dieses Shutcombo-Album, was mich nicht überrascht aber megast gut gefällt und vielleicht ein wenig nostalgisch macht, aber das ist auch ok. Solange es gut klingt. Und hey, sie haben das erste Mal ein Musikvideo!
Und nun Pineapple Paul!
Shutcombo - Newcomer Alarm?
Die Band habe ich nur zufällig über die Instagram-Story meines Co-Autors und BS-Kollegen kraVal entdeckt. Die erste Single „Kein Anschluss…“ diente als musikalische Untermalung. Interessiert guckte ich mir das Plattencover an. Noch nie gesehen, noch nie gehört. Sind die neu?
Was ich höre, gefällt mir ausgezeichnet. Irgendwo zwischen Lygo, Detlef und Fahnenflucht wird ordentlich aufs Gas getreten. Die Single kommt ganz ohne Refrain aus, bleibt aber trotzdem im Ohr hängen. Der Track ist komplett stark, ohne wenn und aber. Mit einer Mischung aus Vorfreude und der Erwartung von den übrigen Songs vielleicht enttäuscht zu werden, höre ich mir die anderen Songs an… Und es ist ein Volltreffer! Die Single ist wahrlich kein Ausreißer nach oben, mit STREITGEIST liefern Shutcombo ein richtig starkes Ding ab. Hier passt alles. Sound, Stimme, Arrangement und auch Texte wirken wie aus einem Guss. Ich bin wirklich überzeugt. Und auch überrascht, denn es fühlt sich nicht an wie schon hundert mal gehört. Alles wirkt irgendwie frisch und ehrlich. Langweilig wird es auch nicht, die Platte ist unterm Strich schon fast zu schnell vorbei.
Klasse Ding, bisher auf jeden Fall das Ding des Jahres!
1. Reha
2. Hallo Sagen
3. Unzivil Gehorsam
4. Schlaumeiers Schnauze
5. Biber
6. Kein Anschluss unter Spießer Nummer
7. Rattenrad
8. Wrack
9. Ratzen
10. Fast allein (feat. JENS RACHUT)