Diagnose: Dekubitus Stufe 2. Mindestens! So lange liegt die Platte nun schon bei mir rum, ohne bewegt worden zu sein. Doch nun hat sie es endlich auf den Plattenteller geschafft und hat auch gleich die Erlaubnis bekommen, noch ein Weilchen liegen zu bleiben. Erstmalig in Erscheinung getreten ist die Band aus Berlin bei mir mit ihrer Platte "Peel Sessions", die wir mal beim Review-Marathon besprochen haben und die danach in meinen Besitz über gegangen ist. Mit dem hier vorliegenden "Braunen Album" wurde nun, wie es Brezel Göring in der Presseinfo beschreibt, die "Scheiße-Trilogie" vollendet, die mit dem ersten Album "Scheiße Gang" begonnen und mit "Scheiße kalt serviert" fortgesetzt wurde.
Ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit kleinen, gut nachzufühlenden Geschichten aus der Hauptstadt, zocken die Drei sich durch dreizehn Songs. Gerade diese kleinen Geschichten haben es mir angetan, das ist alles so eindringlich und bildlich erzählt, dass ich ich die Augen schließen kann und direkt einen der unzähligen Staßenzüge irgendwo zwischen Schöneberg und Friedrichshain vor dem inneren Auge habe. Der Duft der Großstadt dringt somit transportiert durch ihre Texte zu mir hin durch. Es geht dabei um pöbelnde Passanten, Prenzlau-Muttis, um ein Café Moreno, um gebrochene Arme, Abhängen in Wedding und um die Liebe zu Getränken und zu der Einen mit der kalten Schulter. Man bleibt währenddessen meist konkret, kann aber auch verkopfter wie bei Menschen aus Glas oder Zeitliche Komponente. Einziger Kritikpunkt, manchmal erscheinen die Texte einen Deut, vielleicht ein paar Wörter zu lang, um wirklich prägnant zu sein.
Ihren musikalischen Ursprung kann man problemlos gleichermaßen bei englischen Punkbands der 70er, sowie bei deutschen Bands vom Schlage der frühen ÄRZTE, GOLDENEN ZITRONEN oder der direkten Nachbarn von THE SHOCKS verorten. Hier und da blitzen dann auch mal kurz leichte NDW- und Post-Punk-Anleihen auf. Immer mit dabei die lockere Einfachheit der Songs. Reduziert aufs Nötige, treffen sie immer wieder punktgenau ins Schwarze.
Die Aufmachung des Albums, das in seiner Gestaltung nah an dem weißen Album der BEATLES angelegt ist, macht mit seiner Prägeschrift ebenfalls viel her.
Bester: Du in meiner Hand