ONE STEP CLOSER entdeckte ich Anfang 2024 für mich. Seither liebe ich "Dark Blue" der 3-Song-EP "Songs For The Willow" (2023) und tauche auch gerne in die anderen Releases ein. Kurz vor dem SBÄM Fest in Stuttgart, bei dem ich mich live überzeugen durfte, veröffentlichten sie die LP "All You Embrace". Neben einigen Entwicklungen des Sounds, ist das Album unter Neuzugang Colman O’Brien an der Gitarre entstanden.
Auf ihrem zweiten Langspieler fahren One Step Closer fort, was sie mit "Songs For The Willow" begonnen haben: stimmungsvoller Emo gewinnt mehr und mehr an Bedeutung im Hardcore der Band aus Wilkes-Barre, Pennsylvania. Der Opener "Color You" macht es deutlich: Nach einer energischen ersten Strophe findet man sich in der Schwerelosigkeit des klanglich wie inhaltlich verträumten Chorus wieder. Shouting und cleaner Gesang stehen im Wechsel genauso wie Hoffnung und Verzweiflung. Währenddessen strahlt das Soundgewand, als wären es die ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühling.
Der darauffolgende Track "Leap Years" erinnert eingangs wieder an ihr hardcore-punkiges LP-Debut "This Place You Know" (2021), doch schreitet dann in Richtung Gegenwart. So fällt der Chrous ziemlich poppig aus. Noch besser gefällt mir der Mix auf "Blur My Memory", wo die Stilmittel zu einem fiesen Ohrwurm verschmelzen und ein toller Spannungsbogen gegeben ist: Mit "Give me a life with meaning and make it all worth living for" werden Zuhörende in ein furioses Outro entsendet, das im Spiel eines Pianos endet. One Step Closer beweisen Experimentierfreude - ein weiteres Beispiel ist der geradezu malerische Song "The Gate" - und schaffen es damit, die LP noch eingängiger und tiefgründiger zu gestalten.
"Your Hazel Tree" und "Orange Leaf" nehmen wieder Fahrt auf und bieten mitreißende Höhepunkte bei 1:40 bzw. 1:18. Anschließend folgen für mich die schwächeren, aber keineswegs schwachen Tracks 7-9. Umso schöner ist es, sich darauf in den Alternative Emo Hits "Giant's Despair" und "So Far From Me" zu verlieren, wobei letzterer spätestens ab 1:31 Gänsehaut verschafft.
Wohlwissend, dass sie klassisch eingefahrenes Publikum verlieren würden, betreten One Step Closer die Weiten des modernen Emo Hardcores und setzen ihre eigene Note. Wer das zu schätzen weiß, erhält mit "All You Embrace" eine absolut hörenswerte Komposition.