Die Shitlers, Slup, 14.02.2014 in Dortmund, Unten LinX - Bericht von tenpints
Die Shitlers, 14.02.2014 in Dortmund
Martin Shitler ist cool. Vor dem Auftritt schon kaum von seiner Gitarre zu trennen, an die er nach zwei stabilen Jahren als Schlagzeuger nun gewechselt ist. Dies geht einher mit der Trennung von Fanliebling Phantom, ein Ereignis, das auf Facebook seit Tagen kontrovers diskutiert wird in Form eines sog. Shit(ler)storms, hahaha.
Martin stört das wenig. Im inoffiziellen Interview vor der Show erklärt er mir, dass es ganz normal sei, wenn die Fans einem Personalwechsel erstmal skeptisch gegenüber stehen, bei James Bond z.B. sei das auch immer so, und mittlerweile lieben ja alle Daniel Craig.
Das Motto nicht nur des heutigen Abends, des heutigen Abends aber ganz besonders, wie sich nach dem Konzert noch herausstellen wird, als Martin und einige der aus ganz Deutschland angereisten Shitlers Ultras Höchstleistungen am Brett erbringen. Rechts im Bild: die Sonne.
Kommen wir zur Vorgruppe, die für einige Anwesende (teilweise hier im Bild) offenbar den eigentlichen Haupt-Act darstellt, da sie sich nach deren Auftritt ehrlos aus dem Staub machen wie weiland Phantom: SLUP aus Dortmund. Schöner melodischer Punkrock zum Grinsen, Kopfnicken und Mitsingen. Frank Shitler (im Bild) macht es vor. Auch zu sehen: Deutschland.
Gut unterrichteten Kreisen zufolge spielen Die Shitlers im März in der Baracke, Münster. Als Vorgruppe dort im Gespräch: das "Kartell der Caracoles", dessen Fanclub deshalb heute vollzählig in Band-Shirt erschienen ist. Es sind zwei echte Prachtkerle; bemerkenswert, wie elegant der Bauch sich spannt unterm Hemd!
SLUP spielen sehr lange, und es ist im untenlinx sehr warm und voll und stickig, und alle rauchen. Wir gelangen nicht zur Theke, aber zum Kiosk. Dort lesen wir Zeitung und erfahren Neues. Endlich wird verständlich, weshalb Männer immer so viel saufen: Es ist ein Akt der praktizierten Geschlechtergerechtigkeit: Schrumpfhirn gegen Sexismus.
Das Geile an den Shitlers ist ja, dass kein Auftritt wie der andere ist und die sich tatsächlich immer wieder neue witzige Sachen ausdenken. Wer ne normale Punkrock-Show erwartet, erwartet zu wenig, was klasse ist, denn Punk war ja durchaus mal angetreten, was gegen Normalität zu tun. Heute liest Martin erstmal minutenlang einen herbe geilen Disstrack gegen Markus Erdmann aus Münster vor und wird dabei gefilmt, allerdings nicht von mir. Ich habe dafür gerade eben den Zettel, von dem abgelesen wurde, in meiner Jackentasche entdeckt! Geil.
Martin ist klar der Star des Abends, Frank bleibt, seinem undurchschaubaren Naturell entsprechend, heute eher im Dunkeln. Weil er krank ist. Und damit meine ich nicht, dass er eine vollkommen verrotzte Nase und einen kratzigen Hals sein Eigen nennt, sondern dass er ein kranker Perversling ist, der seine Mutter an usbekische Metzgersöhne verkaufen würde, wenn sie ihn nur freundlich genug darum bittet, die arme alte demente Frau.
Am Schlagzeug sitzt Tristan Shitler. Ich will nicht wissen, wo die beiden älteren Herren im Vordergrund diesen Jungspund aufgegriffen haben, aber sie haben das schon gut gemacht, denn der Junge kann ganz geil Schlagzeug spielen. Nach so gut wie jedem Lied und auch mal zwischendurch während der Labereien zählt er plötzlich ein, und Die Shitlers spielen "Punk ist scheiße, nur Die Shitlers sind cool." Weil sie cool sind.
Koljah von der Antilopengang findet das auch. Er sitzt neben der Bühne, hat ein eigenes Mikrofon und macht den Gastgeber und -star. Und das macht er gut, denn er hat Die Shitlers enthusiastisch angekündigt mit der Original-Ansage von irgendeinem Toten-Hosen-Live-Album oder so.
Zu Anfang des Konzerts übrigens denken ein paar Konzertbesucher, dass das untenlinx riesig ist und üben sich im Blutpogo. Das legt sich zum Glück irgendwann, aber, nun ja, "Die Shitlers haben die Gefahr in den Punk zurück gebracht", wie Freund M. mit leuchtenden Augen immer wieder ausruft. Oder war's die "Gewalt"? Egal. Freund M. ist so verzückt, dass er mehrfach vom "besten Konzert seines Lebens" schwärmt. Ich würde auch sagen: mindestens Top 5!
Einzelne Shitlers Ultras dürfen auch immer mal wieder selber singen. Passt. Das Ganze hier ist so spontan, bekloppt und authentisch, dass ich ebenfalls ganz in Verzückung gerate. Und es funktioniert tatsächlich auch ohne Phantom! Hindert zwei andere und mich natürlich nicht daran, gegen Ende des Konzerts "Phantom! Phantom!"-Sprechchöre anzustimmen. Warum auch nicht? Hat er verdient.
Der Neue sieht auch irgendwie echt witzig aus. Hier hat er "Cordon Sport Massenmord" angezettelt, das Bushido-Cover mit Antilopen-Unterstützung. Leider ist er der einzige, der das Stück beherrscht, denn auch Koljah hat es nicht geübt. Kommt trotzdem gut.
Zu diesem Bild fällt mir ebensowenig ein wie zu der Tatsache, dass meine Bierschinken-Kollegen, die sich SLUP noch angeguckt haben, sich dieses Spektakel tatsächlich entgehen lassen.
Kontroverse, unkonventionelle, aber intelligente Band, eine Show zwischen Wahnsinn und Über-Hits, Faustkampf im komplett besoffenen Publikum, und das alles in einem völlig überfüllten Wohnzimmer: so ähnlich muss Punk früher mal überall gewesen sein.
Martin Shitler ist anti-autoritär unterwegs wie Hatschipuh der Kobold. An den hat Freund N. mich nach dem Konzert, als er lattenstramm von einem anderen Konzert kam, erinnert. Hatschipuh wird von mir sofort als mein Lieblingsfilm aus relativ früher Kindheit wiedererkannt und als eindeutiger Grund für mein Punk-Dasein und diverse andere Macken identifiziert. Hier der Trailer.
Zum Abschluss gibt's allen Ernstes "Hier kommt Alex" von Die Toten Hosen, mit Koljah am Mikrofon. Die Platte hab ich als 10jähriger extrem gefeiert, also kann man sagen: Hatschipuh legte den Grundstein, DTH besorgten den Rest. Ein Abend nicht nur der wohligen Nostalgie.