Knüppelrosi, DivaKollektiv, Der gierige Diktator, Fuck'it'Head, 18.09.2015 in Essen, Café Nova - Bericht von Fö
Knüppelrosi, 18.09.2015 in Essen
Meinen Tag verbringe ich aber zunächst mit unumgänglichen Aufgaben: der Vertrag mit dem DivaKollektiv sieht ja eine 24-Stunden-Betreuung vor, also lese ich den Grazien sämtliche Wünsche von den Augen ab und zeige ihnen alles, was das Ruhrgebiet so an Highlights zu bieten hat (Porno, Park, Pizza), bevor uns ein Anruf von Knüppelrosi ereilt, wo denn die Band bleibe, da die doch das Schlagzeug stellen - was dem DivaKollektiv gar nicht bewusst war. Irgendwie umgibt alles, was mit Knüppelrosi zu tun hat, so ein leichter Hauch von Spinal Tap, nur eben in Dosenbier getunkt. Ja gut, dann fahren wir mal nach Essen...
Der Zeitplan ist heute fast so streng wie gestern, womit die Verantwortlichen ein wenig an Punk-Credibility verlieren. DER GIERIGE DIKTATOR startet exakt um 20 Uhr vor (aufgerundet) 0 Zuschauern. Ich male mir ein kleines Diagramm auf und komme im Laufe des Sets auf die simple Formel, dass pro gespielten Song ein neuer Gast den Laden betritt. Damit wäre der Gierige Diktator die einzige Band des Abends, bei der die Anzahl der Zuschauer steigend ist.
So kommen dann doch immerhin ein paar Leute in den Genuss des ausgefeilten Kunsthandwerks, das Der Gierige Diktator präsentiert. Auf der Bühne streitet man sich, welcher Song zu spielen sei - denn obwohl alle die gleiche Setlist vor sich liegen haben, ist man sich offensichtlich uneins, in welcher Reihenfolge die Lieder zu spielen seien. Also springt man locker hin und her.
Zustimmendes und respektvolles Nicken im Raum bei der grandiosen Textzeile "Nazis sind böse - ab in die Fritöse". Zumindest hoffe ich, dass wir das richtig verstanden haben. Ganz nettes Set soweit. Leider kein Vengaboys-Cover, dafür lässt man sich die Zeit, zwischendurch mal Schlagzeug oder Gitarrenverkabelung umzubauen.
Anschließend: FUCK'IT'HEAD. Mittlerweile ist es auch schon ein wenig her, dass ich die Band gesehen habe, nachdem ich sie beim Youth Brigade Fest ignoriert habe. Also heute ne neue Chance. Meine oben angedeutete These, dass sie ihr eigenes Publikum dabei haben, bewahrheitet sich: Die Gesichter vor der Bühne sind eigentlich exakt dieselben wie damals im Wageni.
Irgendwie ne Mischung aus räudigem 80er Hardcore-Punk und den Toten Hosen auf ner Kirmes. Inklusive Luftballons, freien Oberkörpern und "Hey! Ihr seid die Geilsten!"-Animationen. Da weiß ich manchmal echt nicht, ob das nun megawitzig oder total scheiße ist. Aber zu ersterem fehlt mir da ein wenig die ironische Komponente.
Vom musikalischen Aspekt her hab ich nichts zu meckern, die Songs knallen ganz gut. Aber irgendwie habe ich beim Auftritt fortwährend das Gefühl, die Band findet sich selbst geiler als sie eigentlich ist. Irgendwie schmälert das ein wenig den ansonsten positiven Eindruck.
Schön am Café Nova: Man hat vom Merchtisch aus tatsächlich Blick auf die Bühne! Wenn auch durch eine Glastür. Zudem wird der Blick durch einen gigantischen QR-Code versperrt. Willkommen in der digitalen Welt!
Wo wir heute doch so einen Klischee-Abend haben: Das Publikum verhält sich wie auf nem Schülerbandcontest - man schaut sich ausschließlich die Band an, für die man hier ist. So schießt es mir jedenfalls durch den Kopf, als DIVAKOLLEKTIV ausschließlich vor Leuten starten, die sie eh schon kennen. Und die sie zum Großteil eh schon gestern gesehen haben.
DivaKollektiv haben zumindest eines mit Fuck'it'Head gemeinsam: Sie tun so, als hätten sie ein riesen-Publikum vor sich. Sie verzichten allerdings auf Mitmachspielchen - und spielen zum (mindestens) zweiten Mal in Folge NICHT "Eiszeit". Buh!
Konzert soweit ganz cool, ziemlich straight runter gezockt. Aber irgendwie fehlt mir doch ein wenig die Feiermeute.
Konzert soweit ganz cool, ziemlich straight runter gezockt. Aber irgendwie fehlt mir doch ein wenig die Feiermeute.
Die Band selbst ist heute, wie sie nach dem Auftritt sagen, zufriedener damit als gestern. Warum sie das ausgerechnet mir erzählen, weiß ich nicht. Hab ich gestern was falsch gemacht?
Größter Fan des DivaKollektivs ist übrigens Fisch, der heute sogar mal ein paar Liederwünsche abgegeben hat. Und so spielen sie für ihn noch "Schocken" und "Anomalie" - ungeprobt!
Dann KNÜPPELROSI! Wobei es ein wenig dauert, bis die Bottroper ihren Auftritt starten, weil sie noch auf ihr Publikum warten. Sänger Wittek läuft schließlich raus und kommt mit ein paar Punks im Schlepptau zurück - die aber enttäuscht "du hast gesagt es gibt Freibier!" rufen. Er reagiert souverän mit "tja, ich hab gelogen".
Souverän außerdem, wie mal wieder das Publikum beschimpft wird - sowohl das anwesende als auch das nicht anwesende. Von den etwa 60 "engsten Freunden" auf der Gästeliste sind nur 20 überhaupt aufgetaucht. Das wäre ziemlich witzig, wenn es nicht so traurig wäre. Ach, egal, komm, es ist schon ziemlich witzig!
Megamäßige Show. Auf der Niveauskala von 1 bis 10 ungefähr bei Pi minus Zweidreiviertel. Ihren Restalkohol von gestern haben sie angemessen aufgefüllt, und so stolpern sie durch ihr Set wie ne Kuh beim Hürdenlauf. Beste Szene, als Wittek ein Bein gestellt wird und der erstmal meterweit durchs Nova schlittert.
Die extrem feinsinnige Lyrik musste teilweise von Textblättern abgelesen werden, was uns jedes Mal zusammen zucken lässt, da die gebeugte Haltung erstmal so aussieht, als würde er auf die Bühne kotzen. Aber wenn Knüppelrosi eine Botschaft haben, dann ja wohl dass gefälligst VOR den Laden zu kotzen ist.
Großartig auch, den Mischer zu beobachten, wie der sich wiederholt zu fragen scheint, was er hier eigentlich macht. Wobei, zugegeben, das fragen wir uns auch manchmal. Also, was der Mischer da macht.
Ebenso wie gestern gibt's auch heute wieder die Schalke-Hymne. Was in Essen aber eigentlich nur halb so witzig ist wie in Dortmund, da hier die Fronten nicht ganz so gehärtet sind. Und Bassist Dr. Chef outet sich als BVB-Fan, was die ganze Aktion noch abstruser erscheinen lässt. Trotzdem (ihr wisst, Fußballfans sind allgemein dumm und haben keinen Humor) gibt es hier und da böse Stimmen, getoppt durch den Gastauftritt eines hiesigen Stadiongängers.
Längeres Set als gestern. Als dann noch Terrorgruppe und Goldene Zitronen gecovert werden, habe ich Tränen in den Augen vor Lachen. Das ist so dermaßen unterirdisch, ein Traum!
Bevor die Aftershowparty auch noch zum Desaster wird, verpissen wir uns und besuchen die Freunde von Bambix, die heute im Panic Room gespielt und uns die Zuschauer geklaut haben. Caro übt sich fleißig in Typen abservieren, Laura feiert ganz andere Erfolge, und ich suche Inspirationen für mein bald erscheinendes Buch "Nüchtern in der Deutschpunkhölle". Aua.