Über den Sinn und Unsinn von Re-Releases wurde in der Kommentarspalte auf dieser Seite ja schon ausgiebig diskutiert. Ich mein ich kann es verstehen, wenn das Label damit mal eine einfach Mark machen möchte. Backbite Records machen ja auch sonst einen ziemlich guten Job, was kleine Bands pushen angeht. Außerdem kann man ja wohl einem Indie-Label jetzt nicht unbedingt vorwerfen, dass wir uns nun mal in einer kapitalistischen Welt befinden, die von gierigen Blutsaugern regiert wird und wo es dann eben manchmal friss oder stirb heißt. Ne, ich finde das okay.
Das Neuherausbringen der Fahnenflucht-Alben finde ich übrigens ziemlich gut, so gab es diese ja früher nur als olle Billig-CDs aus dem Hause Nix Gut, ein Label, das ja in den letzten Jahren einen sehr unangenehmen Rechtsschwung hingelegt hat, weshalb nun eigentlich keine normal denkende Punkband etwas mit diesem Label zu tun haben möchte. Ziemlich pikant ist da das Thema der Rechte an seinem Schaffenswerk, so hatten Alarmsignal beispielsweise das Problem, dass diese relativ lange bei Nix Gut lagen und der Band dann dementsprechend die Hände gebunden waren. Ich denke mal, dass bei Fahnenflucht der Fall ähnlich lag. Glücklicherweise scheinen aber diese Rechte gerade auszulaufen und teilweise konnte man sich wohl auch auf Kompromisse einigen. Sehr gut für Band und Fans also.
Gut auch für Backbite, so sind die Asseln, die damals zu den Klängen von Fahnenflucht in einer Bierlache vor der Bühne Liebe gemacht haben, nun in ein etwas gediegeneres Alter gekommen und haben vielleicht sogar einen Job und somit auch die Kohle, sich ihre Lieblings-Punk-Alben als Vinyl ins Regal zu stellen. Ich jedenfalls freue mich.
Was gibts denn nun zur Platte an sich zu sagen? Für mich ein Must Have für jeden Deutschpunk-Fan. Das Debüt-Album der Rheinberger steht nämlich noch ganz im Zeichen von Musik von Bands wie Zaunpfahl, Alarmsignal und Slime. Spätere Hardcore-Einflüsse sind, wenn überhaupt, erstmal nur in Ansätzen vorhanden und generell ist das hier alles noch etwas roher und einfacher gestrickt. Spaß macht "Beißreflex" aber trotzdem, vor allem wegen den von den Schlachtrufe-Samplern gut bekannten und extremst mitgröhlbaren Songs "Demokratie" und "Ohne Ausweg". Aber auch sonst zeigt das Album, dass die Band auch damals schon ein Händchen für Songwriting hatte, so finden viele Songs vom Album ja mittlerweile auch wieder ihren Weg ins Liveprogramm. Das oft abgefeierte "Hausbesetzer" war hingegen ja nie raus und hat mir persönlich schon immer sehr aufgrund des Off-Beat-Breaks gefallen.
Fazit: Der Deutschpunk-Klassiker neuaufgelegt auf Vinyl. Kann man machen, sieht halt schick aus.
Anspieltipps: Hausbesetzer Lied, Ohne Ausweg.