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Hammerhai:
Unterm Schnellweg
Ska-Punk ist ja in der Bierschinken-Redaktion nicht gerade das angesagteste Genre und wird von den meisten Schreibern gekonnt gemieden und geschmäht. Dementsprechend lag die Platte auch erstmal eine ganze Zeit auf dem Stapel für die zu besprechenden. Meine letzte Begegnung mit HAMMMERHAI ist nun auch schon eine ganze Weile her. Komma' klar, ihr Album von 2003, lief bei mir nach Release einige Mal und konnte mich damals mit einigen guten Titeln überzeugen. Auf dieser befand sich auch Haben oder Sein, den ich heute noch teilweise mitsingen kann. Danach trennten sich unsere Wege und mein Musikgeschmack änderte sich etwas. Lange Zeit nahm ich an, die Band wäre nach dem Album aufgelöst worden. Dem war aber wohl gar nicht so, brachten die Hannoveraner nach Komma' klar, 2004 noch ihren vierten Longplayer Mein Kiez und ein Live-Album raus. Dann wurde es länger ruhig um die Band.

Ende des vergangenen Jahres kam nun ihr Comeback-Album Unterm Schnellweg heraus. Hervorstechend ist darauf wieder der tiefe und bassige Gesang. Hier und da darf auch mal Bassist Tikki etwas rappen. Musikalisch zeigen sie sich auf dem Album in altbekannter Manier vielseitig. Erneut werden haufenweise Genres durcheinander gewürfelt. Da wäre natürlich Ska bzw. dessen Offbeat, denn die Trompeten fehlen wieder mal, harte Metal-Gitarren, Punk/HC-Punk und auch ein klein bisschen Reggae. Das verweben sie oft so gekonnt zu einem Ganzen, dass ich mich durchaus ganz gut auf diesen wilden Stilmix einlassen kann. Leider wurde der von mir eingangs erwähnte Ska-Punk-Anteil stark zurück geschraubt und auch die früher omnipräsente Orgel glänzt mit Abwesenheit. Schade, dieser Umstand enttäuschte meine Erwartungen durchaus. Wären da nicht noch die Texte, könnte ich nun schon mit einem wohlwollenden Fazit schließen! Bis auf wenige Ausnahmen wie bei Ein elegantes Wort, Eigentlich (hier klingen sie wie eine light Version der Fanta 4), oder Lass dich, welches Kritik am Selbstoptimierungswahn vieler Menschen übt, sind sie mir einfach zu platt (wenn du deine Frau haust). An anderer Stelle sind sie mir zu belanglos, wie bei dem Song über das langersehnte Gewitter an einem heißen Sommertag (Endlich & der durch die Pfützen tanzt [outro]). Wenn ich Zeilen wie "mach doch das Fenster zu, bevor du deine Frau haust, spring doch besser aus dem Fenster raus bevor du deine Frau haust" (aus: wenn du deine Frau haust) höre, dann schaue ich mich direkt panisch und voller Fremdscham um, um zu überprüfen, ob irgendjemand mitbekommen hat, was ich mir da für einen Quatsch anhöre. Auch wenn es wichtig ist, den Leuten das Thema "häusliche Gewalt" ins Bewusstsein zu rufen, ist mir die sehr simple und plumpe Art, in der diese Thematik besungen wird, fast ein wenig unangenehm. Wenn dann im gleichen Song der Gesang wieder aussetzt und der Song in sein dubiges letztes Drittel geht, in dem auch noch die Mundharmonika ausgepackt wird, verschwinden Fremdscham und Panik und ich bin wieder selig gestimmt. Ähnlich geht es mir bei Alle Mann an Deck, auch hier entlohnen mich erst am Ende des Stücks die Mundharmonika und die harten Gittaren-Riffs dafür, dass ich bis hierhin durchgehalten habe. Oftmals werden in den Texten, wie es in der Vergangenheit auch schon der Fall war, kleine Geschichten erzählt, die meist geradewegs und unverklausuliert vorgetragen werden. Wir sind hier halt bei HAMMERHAI und nicht bei TURBOSTAAT. Leider funktionieren die Geschichten für mich meist nur selten richtig gut wie bei Alle schmeißen, keiner fängt, oft sind sie mir dagegen einfach zu dünn wie bei Wenn alles Scheiße läuft oder bei der Nummer mit dem bereits erwähnten Frauenschläger. Die schnelle HC-Punk-Nummer Mehr Elektro lässt sich wohlwollend abnicken, das ähnlich gelagerte Richtig kuscheln lässt mich hingegen ratlos zurück, entweder ich verstehe den Witz nicht oder es gibt einfach nichts zu verstehen und der ganze Song ist purer Nonsens.

Somit bleibt bei einigem musikalischen Licht, jedoch auch einiges an textlichem Schatten, nur Ratlosigkeit bei meiner einer übrig, was man nun für ein Urteil über dieses Werk fällen soll. Einerseits will ich den Hannoveraner Urgesteinen nicht Unrecht tun und ihr neues Baby schlecht schreiben, steckt doch mit Sicherheit eine Menge Herzblut und Arbeit darin. Bemerkenswert bleibt auf jeden Fall die hohe Eigenständigkeit der Band durch die markante Gesangsstimme und den gelungenen Facettenreichtum. Andererseits möchte ich auch nicht mit meinem guten Namen uneingeschränkt für das Album Werbung machen. Am besten ist, jeder der Bock hat riskiert selbst ein Ohr und bildet sich seine eigene Meinung. Für mich ist das ganze weder Fisch noch Fleisch, sondern allerhöchstens Tofu und ich will niemanden anlügen und ihm oder ihr weis machen, dass dieser wirklich lecker ist (Textzeile aus Ein elegantes Wort)! Vielleicht gefällt mir Unterm Schnellweg ja irgendwann, wobei ich glaube, dass "irgendwann", wie die Band schon treffend im zuletzt erwähnten Song festgestellt hat, in meinem Fall nur ein elegantes Wort für "nie" ist.
Peter 02/2020
Hörprobe:
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Hammerhai
Musikstil: Skapunk, Hardcore
Herkunft: Hannover
Homepage: http://www.hammerhai.net
Hammerhai - Unterm Schnellweg

Stil: Skapunk, Punk, Crossover
VÖ: 28.12.2019, LP, Rockers Records


Tracklist:
01. lass dich
02. endlich
03. der durch die pfützen tanzt (outro)
04. eigentlich
05. alle mann an deck
06. mehr elektro
07. auf der suche nach yage
08. ein elegantes wort
09. wenn du deine frau haust
10. wenn alles scheiße läuft
11. richtig kuscheln
12. alle schmeißen, keiner fängt
13. niemandsland

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