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Heaven Shall Burn:
Mein grünes Herz in dunklen Zeiten
Fö: Ein Kinoabend! Geil, kann man ja auch mal machen. Aber darüber schreiben ist schon irgendwie merkwürdig. Wir schauen "Mein grünes Herz in dunklen Zeiten", ein Film über die Band Heaven Shall Burn, der heute (Anmerkung: wir schreiben den 19.02.2020) in diversen Kinos im ganzen Lande läuft und bald als DVD-Dreingabe zum kommenden Doppelalbum "Of Truth And Sacrifice" rauskommen soll.
Abby: Meine erste offizielle Fimrezension... Aber... Wieviel "Grün" oder Dunkelheit kann man bei so einem Film erwarten, welcher über HSB (Heaven Shall Burn), einer Metalcore (böses Wort) / Melodic Death Metal Band gedreht wurde? Schon etwas ungewöhnlich. Aber ich freue mich darauf und wusste gar nicht, dass es sogar eine Doku zum neuen Album gibt, die dazu noch in die Kinos kommt.
Ist das nicht alt-modisch oder ist das wieder Trend?
frau wolfram: Ich mag die Jungs und ihre Musik ja schon gerne, was wahrscheinlich auch zum Teil durch die Heimat-Connection getriggert wird.
Mit der letzten Tour 2018 wurde erstmal eine Pause angekündigt und über ein Jahr später tut sich dann mal wieder was. Die Erwartungen der Fans waren/sind sicherlich groß. Neues Album, ein erstes Video und bums auch noch ein Film. Wenn dann so ein Film auch noch im Kino läuft, sind die Erwartungen hoch an den musikalischen sowie emotionalen Erguss.

Fö: Wie fängt man denn so ne Filmkritik an? Ganz klar, wie nen Konzertbericht: Rumgemecker über die Location! In Dortmund läuft der Streifen im Cinestar. Das ist schade, weil es, obwohl Dortmund nicht mehr viele Kinos hat, schönere Kinos in Dortmund gibt. Kinos, bei denen man nicht ständig die Angst hat, in geronnenes Kaugummi zu packen, wenn man irgendwo hin greift. Kinos, in denen man nicht auf dem Cola-Fleck vorm Eingang kleben bleibt. Das soll jetzt keine Meckerei über den Kommerztempel Cinestar sein, ich kenne andere Cinestars nicht, aber das Teil in Dortmund ist halt einfach schäbbig. Mehr als überrascht sind wir auch über die Schlange an der Kasse. Wer geht denn bitteschön Mittwoch Abend ins Kino? Anscheinend die halbe Welt, zumindest mehr als die einzig besetzte Kasse leisten kann. Wartezeit etwa 25 Minuten. Das hätte es im Programmkino nicht gegeben! Zum Glück kann man sich darauf verlassen, dass der Film nicht pünktlich anfängt, sondern stattdessen mittels Werbung die Zeit so lange überbrückt wird, bis alle im Saal sind.
Abby: Was tue ich immer gerne? Mich erstmal über alles aufregen und beschweren. Typisches Benimm hier. Ich hätte mir, wie Fö schon erwähnt, auch gewünscht, ein "Kult-Kino" zu besuchen statt diesen kommerziellen Verein. Da wäre das Publikum vielleicht auch mehr unter sich gewesen und mischte sich nicht mit der Jugend, die sich nur die großen Kassenschlager anschauen. Aber Century Media hatte vielleicht doch ein bisschen mehr Einfluss auf die Auswahl der Location, wie man es am besten vermarktet, trotz des Image von DIY.
WTF, nur eine Kasse für 12 Säle? Sind hier alle auf der GL? Eine weitere Kasse öffnet, - viele Jugendliche wechseln von links nach rechts und warten auch dort ungeduldig. Kauft man heutzutage die Karten nicht auch über das Handy? Warum machen das diese Jugendlichen nicht mehr?
frau wolfram: In weiser Voraussicht auf meinen Dortmundbesuch hab ich Depp natürlich vorab schon Tickets gekauft. Zum einen gut, weil einfach an der Schlange vorbei geflutscht, zum anderen dumm, weil Gästeliste wohl auch eine Option gewesen wäre. Mir wäre ein gemütlicheres Kino auch lieber gewesen, oder eine Privatvorstellung mit Couch und so.

Fö: "Mein grünes Herz in dunklen Zeiten", welch unfassbar pathetischer Titel! Und so herrlich nichtssagend! Zum Glück habe ich im Vorfeld recherchiert, was es damit auf sich hat (Filmkritikerprofi!): Als "grünes Herz" Deutschlands bezeichnet sich Thüringen, die Heimat der meisten Mitglieder von Heaven Shall Burn. Man muss sich also auf viel Lokalpatriotismus gefasst machen! Und die dunklen Zeiten, naja, ihr wisst ja, Thüringen und so. Man muss sich also auch auf Antipatriotismus gefasst machen. Da komm ich schon besser mit klar.
frau wolfram: Der Filmtitel lässt für mich absolut keine Zweifel aufkommen, worum es geht. Wie Fö schon so gut recherchiert hat, Thüringen ist bekanntlich das Grüne Herz Deutschlands, selbst Reinald Grebe hat dies besungen. Und wir fressen auch noch Hunde, Bratwurst und Klöße. Thüringen liegt im Verhältnis zu den einzelnen Bundesländer über dem mittleren Durchschnitt, was die Waldfläche angeht. Und der geografische Schwerpunkt Deutschlands liegt tatsächlich auch in Thüringen. Dies sind nur ein paar sinnlose Fakten, welche die Behauptung "Grünes Herz" untermauern. Und von dunklen Zeiten weiß fast jeder etwas zu berichten, der in einem Kaff dort groß geworden ist, zumeist jene die nicht dem Lokalpatriotismus unterstellt waren. Achja, und Fußball ist irgendwie auch immer dabei, na sowas.

Abby: Harte Fakten und lustige Kurzgeschichten - die (ab und an/halb) vegetarisch/vegane Band trug Windeln zusammen mit Caliban oder sind Mini-Sponsoren von Carl Zeiss Jena.
Fö: Anders als man vielleicht erwarten würde, ist das nicht unbedingt ein Film über die Band mit Anspruch auf Vollständigkeit, es geht eher um den Entstehungsprozess des Albums und nebenbei wird ein wenig das Leben der Bandmitglieder vorgestellt. Für ne Album-Beigabe ist das mit Sicherheit cool, für nen Kinofilm finde ich das etwas dürftig. Zumal auch die Tonqualität meines Erachtens nach nicht wirklich einem Kino angemessen war - kann aber auch am Kino gelegen haben, vielleicht sind hier die Boxen alle mit Kaugummi, Cola oder Popcorn verklebt.
Abby: Der Gitarrist trägt in dieser Dokumentation (fast) ausschließlich Shirts der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd. Passend - Es wurde vor einer Woche auch das neue Musikvideo zu "My Heart And The Ocean" veröffentlicht. Achtung, es werden hier viele tote Tiere gezeigt - nichts für zartbesaitete Menschen.
Ausschnitte aus alten Songs und neuen Songs haben mich erfreut, es hätte auch gerne lauter sein können, wie bei anderen Kinofilmen a.k.a. Kassenschlagern, um noch mehr die Open-Air-Gefühle aufleben zu lassen. Schade Cinestar, dass das Erlebnis hier zu kurz kam. Ist ja auch kein Film, der hier Millionen einspielt. Immerhin hat mein Sitz nicht geklebt!
frau wolfram: Ja, in den ersten Minuten wird schon offensichtlich, dass der Film dem Kinoformat nicht gerecht wird. Es könnte auch eine Doku sein, welche im Nachtprogramm des MDR läuft. Der düringer Dialegt trägt auch seinen Teil dazu bei. Man kann sich ein Schmunzeln einfach nicht verkneifen. Ich fühle mich sofort, positiv sowie negativ behaftet, heimisch.

Fö: Ansonsten soweit ganz nett. Für Fans der Band wahrscheinlich ein Muss, für Unbedarfte wie mich halt eben "ganz nett". Man erfährt, dass die Typen von Heaven Shall Burn allesamt ziemlich nette Dudes sind, dass sie sich sehr viel Mitspracherecht bei "ihrer" Marke erhalten haben und dass sie trotz weltweiten Touren immer noch brav geregelten Beschäftigungen nachgehen. Sozial engagiert sind sie, beruflich und auch als Band, Musik machen sie nur wenn sie wollen.
Abby: Die netten Typen von nebenan, die hauptberuflich soziale Berufe und soziales Engagement ausüben.
Respekt dafür!
Ein Einblick in die Menschen die HSB ausmachen, hat mir schon sehr gefallen. Man denkt in stereotypischer Weise immer nur an saufende langharige Typen, wenn man diese Art Musik hört. Die Texte haben, sofern man sie auch versteht, einen sozialkritischen Hintergrund - es wird im Film betont, dass es wirklich Menschen gibt, die bei HSB, ohne den Text zu lesen, das/den Gegröle/Geschrei verstehen. In Chile schreit das Publikum einfach alle Songs mit!
frau wolfram: Dieses persönliche vis-à-vis-Gefühl, was hier vermittelt werden soll, ist sicherlich besser zuhause auf dem Sofa zu erfassen. Neben dem ganzen sozialen und politischen Engagement kommt der Veganismus auch nicht zu kurz. Zwei sind vegan, die anderen zwei Vegetarier. Nicht nur musikalisch ist das immer wieder Thema, u.a. z.B. bei "Hunters will be hunted", Maik hat mit einem Freund zusammen einen veganen Burgerladen. Wo habe ich vergessen. Kann man sicher googlen. Im Wurstland Thüringen gibts sicher nicht so viele davon.

Fö: Wer Musik und Konzertatmosphäre erwartet, sollte sich ein Konzertticket kaufen, im Film kommt das etwas zu kurz. Ein paar Ausschnitte vom Wacken, ein paar Aufnahmen aus dem Studio, mehr nicht. Mir persönlich reicht das, ich muss mich ja nicht ständig anschreien lassen.
Abby: Ich bin gespannt, wann HSB wieder in der Nähe sind. Zuletzt habe ich sie 2010 auf dem Summer Breeze gesehen. Diese riesigen Circle Pits sind immer wieder beeindruckend - vor allem, wie die Massen mitgehen. Oh wie schön! Kurzzeitiges Festivalfeeling kam schon hoch.
Lustig ist auch die Aufzeichnung, wie das "Geschrei" entsteht. Zunächst der akzentfreie, englische Songtext und danach der thüringerische niedliche Kommentar. Ich finde das ist der typische Stil und Ausdruck von HSB, die Wut über die Themen rauszulassen die angesprochen werden. Ein Ventil, wie der Sänger mehrfach betont.
Es macht mir immer wieder Gänsehaut.
frau wolfram: Ich hätte auch gerne etwas mehr Vielfalt in den musikalischen Ausschnitten gehabt. Den sich permanent wiederholenden Wacken-Ausschnitt mit dem monströsen Circle Pit (düringisch "sirgl bid") hat man (also ich) nun auch ohne den Film schon hundert mal gesehen. Kleine Anekdote am Rande, hier hat sich jemand die Mühe gemacht, die "Action" auf dem Wacken via GPS zu verfolgen. Dolles Ding. So ähnlich sieht auch ein GPS-Tracking nach einer durchzechten Berliner Nacht aus.

Fö: Spannend, zu erleben, welch ungewöhnliche Wege die Band immer mal wieder beschreitet. Ob nun ein Videodreh in Uganda oder die Orchester-Aufnahmen in Weißrusssland, da ist wirklich sehr viel von "wir haben da Bock drauf, also machen wir's" zu spüren. Also bei aller Professionalität durchaus ein gewisser Hang zum DIY.
Abby: Zugegeben ich hatte bisher nur die Musik gehört und mich nicht wirklich mit den Personen der Band selbst beschäftigt. Interessant, wie man heutzutage so etwas produziert und vermarkten lässt.
frau wolfram: Zu Beginn werden auch ein paar Mitschnitte aus dem Studio gezeigt mit diversen Gastauftritten, welche das neue Album begleiten. Auch beim Mastering sind Maik und Alexander persönlich dabei und tragen ihren Senf dazu bei. Die Entstehungsgeschichte des neuen Albums wird ausführlich dargeboten. Ich bin total gespannt auf die Videos die da noch kommen. Vor allem jenes aus Uganda. Wakaliwood! 50 Dollar Budget für einen Dreh im Durchschnitt. Ich werde mir auf jeden Fall auch ein paar andere Streifen von Regisseur Isaac anschauen. Der "Tarantino für Arme" hat meine Aufmerksamkeit!

Fö: Bezugnehmend auf den Titel des Films hätte ich eigentlich erwartet, dass der Film sich mehr mit politischen Fragen auseinander setzt, aber das kommt dann erst in der zweiten Hälfte. Zur Sprache kommt natürlich auch die politische Ader der Band, man macht sich Gedanken über aktuelle und vergangene Politik, um Ost-West-Konflikte und über das Gefühl, im ostdeutschen Jugendmilieu zwischen Faschos, Zecken und anderen Subkulturen aufzuwachsen. Beste Szene eigentlich, als Gitarrist Maik erzählt, wie die Nazis aus seinem Block ihn damals vor Nazis aus dem Nachbarkaff verteidigt haben, weil er ja schließlich "ihre" Zecke ist.
Abby: Stark ist das Foto mit dem Schild FUCK NAZIS! Gerade leider wieder sehr aktuell.
frau wolfram: Ja, das Aufwachsen in einem beschränkten Umfeld. Damit meine ich nicht nur die Menschen. Mir fehlte es oft auch an Vielfalt. Engstirnigkeit aber auch Langeweile sind an der Tagesordnung. Dazu noch Menschen, die von der einen (politischen) zur anderen Seite wabern, bähh würg. Zum Glück durften wir ab 14 schon Bier trinken. Bis heute besteht da diese merkwürdige Co-Existenz von Menschen und Hinterwäldlern. Zeigt sich ja auch irgendwie in der schwierigen Regierungsbildung. Wobei ich noch behaupten möchte, dass das bestimmt nicht nur auf Ost-Käffer zutrifft.

Fö: Befremdlich fand ich dahingehend die Aussage, das sie sich tatsächlich Gedanken darüber machen, ob sie für ihren Merch Fair-Trade-Textilien nutzen oder nicht. Warum ist das überhaupt eine Frage? Bei einer Band, die sich so oft für politische, gesellschaftliche und nachhaltige Themen einsetzt, setzt dann plötzlich an diesem Punkt der Gedanke an die Wirtschaftlichkeit ein? Oder habe ich die Szene einfach überinterpretiert?
Abby: Das ist das neue Grüne am Film! Neben Thüringen. Zwei Euro mehr für ein T-Shirt das FairTrade produziert worden ist, da muss erwähnt werden warum das so ist. Schließlich versteht das die Jugend doch heutzutage nicht mehr in Zeiten von Fast Fashion.
HSB sind ja auch nicht bei den großen Lizenzgebern unter Vertrag.
frau wolfram: Ich fand diesen Teil auch nicht ganz eindeutig. Es steht sicher außer Frage dass der Wille zu Fair-Trade-Bekleidung seitens der Band gewünscht ist. Aber die Fans sind nicht bereit, für sowas zu zahlen, oder noch nicht. Und auch die Fair-Trade-Bekleidungsindustrie scheint nicht ganz vertrauenswürdig. Da stecke ich aber nicht ganz drin. Ob es jetzt Merch mit grünem Fußabdruck geben wird, keine Ahnung.
Fö: Das stimmt, immerhin wurde der Punkt angesprochen, dass nicht alles "fair" ist, was sich so labelt. Daran musste ich auch denken, als ein Karton der Marke "Gildan" gezeigt wurde...

Fö: Fazit: Ein netter Kinoabend, kann man sich auch als Nicht-Fan der Band anschauen, aber so wirklich Bahnbrechendes findet man ebenso wenig wie die ganz harten Rock'n'Roll-Storys. Ganz brave Dudes halt, die eben zufälligerweise in einer der bekanntesten Metalcore-Bands Deutschlands spielen.
Abby: Nett, Sympathisch, gute Musik, aber auf einmal ging das Licht im Kino an - fand das Ende doch etwas überraschend, es hätte doch ein bisschen würdevoller abklingen lassen können.
frau wolfram: Ja keine 90 min... bums aus. Für den scheiß Kino-Eintrittspreis etwas zu wenig meines Erachtens. Ich schaue mir das Ganze sicher auch nochmal mit Vaddern an, in der Heimat, auffe Couch, mit Bier. Einige gute sowie schlechte Erinnerungen an die Vergangenheit wurden geweckt. Ich mochte die Band, ihre Aussagekraft sowie Musik schon vorher. Der Film ist für mich ein nettes Zubrot. Ich habe auf jeden Fall Bock auf das Album und die neuen Videos!
Redaktion 02/2020
Hörprobe:
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Heaven Shall Burn - Mein grünes Herz in dunklen Zeiten

Stil: Metalcore, Dokumentation
VÖ: 20.03.2020, Film, DVD, Century Media



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