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Kapelle Petra:
Die Vier Jahreszeiten

Adjektivfindungsstörung! Eine Unterform der Aphasie, die der Rezensent in Krisenzeiten an sich selbst diagnostiziert, führt zu immer länger herumliegenden Tonträgern ohne Review. Jetzt aber. Denn ich hab die Fenster aufgerissen, wie es vorliegende Band vorgeschlagen hat. Und es funktioniert.

Bei KAPELLE PETRA bin ich ein echter Spätzünder. Tatsächlich kam ich erst durch Sebastian Puffpaff seine Lockdown-Sendung auf 3Sat drauf. Die Scheibe "Nackt" lief danach etliche Male durch den Äther. Im Nachhinein merkte ich, dass ich ein Song über einen Geburtstag schon mal bei einer Disco spielen musste. Da ich sowohl Geburtstage als auch den Song schlecht fand, ergab sich die einfache Korrelation, dass KAPELLE PETRA ebenso nix taugt. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich herausstellte.

Und dieses Jahr gab es in regelmäßigen Abständen 4 streng limitierte 12-Inches thematisch (halbwegs) den Jahreszeiten entsprechend. Mit Veröffentlichung von "Winter" kommt auch noch ein Digipack mit allen Songs am Stück.

Und so wird von Frühling bis Winter das Jahr beackert, manchmal ganz banal, manchmal mit beißendem Humor, da mal anekdotisch in einem klaren Songwriting über Gefühle, Befindlichkeiten, Zwischenmenschliches, Beobachtungen von Menschen und der Mensch an sich. Ja, das eigentliche Thema ist der Mensch. Und so ist die Platte irgendwie ein ständiges Auf und Ab je nach Präferenz des Hörers. Zwischen Überhit und Langweiler kommen bei mir alle Facetten an. Was der Sender bei "Perlen für die Säue" mir sagen will, erschließt sich mir auch erst beim dritten Hören. Wird das Geböller an Silvester nun abgefeiert, oder die Doppelmoral kritisiert? Wohl eher Letzteres. Ein Reim wie "Das Jahr geht so schnell rum - Rabimmelrabammelrabumm" ("Melancholie") lassen dann auch mal Fremdscham in mir hochkommen. Aber diese Momente sind in der Seltenheit.

"Ameland" ist so eine Art Überhit, obwohl der Empfänger (meine Wenigkeit) weder in der Nähe Amelands war, noch in einem Ferienlager. "Einsame Insel" und "Lieblingsfarbe Grau" sind weitere großartige Songs, die direkt hängen bleiben. Bei "Wirtschaftsflüchtling" wird man auch politisch gegenüber "Wutbürgern". Der Song wirkt wie ein Experiment - darf man den Refrain mitsingen? Dieser beinhaltet nämlich ausschließlich das Framing der ideologischen Rechten. Das ist wie eine umgedrehte Manipulation und dahingehend der spannendste Track der Platte. Insgesamt finden sich viele coole Sachen auf der Scheibe, manchmal schwingt so ein gewisser Boomerhumor mit, aber immer sympathisch vorgetragen.

Wahrscheinlich könnte KP über Schmierölflecken oder halt Adjektivfindungsstörung texten und es käme zu hoher Wahrscheinlichkeit ein guter Song raus. Den Geburtstagssong find ich allerdings immer noch Scheiße!

verSemmelt 03/2022
Hörprobe:
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Kapelle Petra
Musikstil: Indiepop
Herkunft: Hamm
Homepage: kapellepetra.de
Kapelle Petra - Die Vier Jahreszeiten

Stil: Indiepop, Songwriter
VÖ: 26.11.2021, CD, 4xLP, Gute Laune Entertainment


Tracklist:

01. Reißt die Fenster auf
02. Meine Zeit
03. Ein bunter Strauß
04. Wirtschaftsflüchtling
05. Ameland
06. Einsame Insel
07. Manche Menschen
08. Dachgeschosswohnung
09. Melancholie
10. Lieblingsfarbe Grau
11. Der Eisenbahnromantiker
12. An unsrer Tanke brennt noch Licht
13. Eine schöne Geschichte
14. Nitroglyzerin
15. Perlen für die Säue
16. Milliarden Kubikmeter Vakuum




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