Resist To Exist Tag 1: No Exit, Total Chaos, Nordwand, Frei Schnauze!, Tempo30, Left Culture, Wilde Zeiten, 01.08.2014 in Berlin, Hornoer Ring - Bericht von Fö
Resist To Exist Tag 1, 01.08.2014 in Berlin
Drei Wochen vor Start musste das Ding kurzfristig umverlegt werden, vom geplanten neuen Gelände in Strausberg zurück zum vorherigen Gelände in Berlin-Marzahn. Soll mich nicht weiter stören, auch wenn einige Kritikpunkte gerade das alte Gelände betrafen. Andererseits haben da die Veranstalter vielleicht mittlerweile ein wenig Vorerfahrung, auch was Infrastruktur und Logistik betrifft. Wer weiß?
Nunja, genug der langen Worte. Sonja und ich machen uns Freitag früh mitm Auto auf den Weg, lassen unsere Mitfahrerinnen galant irgendwo mitten in Berlin raus und kommen dadurch etwas später am Festival an als geplant, wodurch wir F*cking Angry verpassen - schade, aber, äh, egal, spielt ja noch genug anderes Zeug.
Erstmal vertraut machen. Das Gelände liegt mitten in nem halben Industriegebiet, hier wird noch viel gebaut und auch die halbe Straße ist voller Baustelle. Dafür gibt es nicht wirklich Anwohner, und, wichtig für Infrastruktur und so, es gibt Parkplätze und man kommt schnell zu Fuß zum Bahnhof und zum Einkaufszentrum.
Neu in diesem Jahr: Ein zweiter Zeltplatz! Damit relativiert sich zumindest ein wenig das "zu klein"-Argument. Kein Schatten stimmt aber weiterhin. Der erste Zeltplatz ist bei unserer Ankunft bereits voll, der zweite hat dafür noch genug Platz zu bieten - ist aber etwa 15 Minuten Fußmarsch vom Gelände entfernt.
Baby-Schlafsack und Mama-Schlafsack freuen sich schon auf heute Nacht! Weniger geil übrigens ein paar ehemalige Dornenbüsche, deren abgeschnittenen Äste teilweise noch auf dem Gelände liegen und in den Zeltboden pieken. Naja, egal. Erstmal Bier.
Apropos Bier! Müll sammeln und sich dadurch ein Getränk verdienen ist doch deutlich sympathischer als Zwangsmüllpfand. Ob das System auch wirkungsvoller ist, konnten wir nicht wirklich eruieren, da die Abreise doch etwas spontan war. Aber dazu später mehr.
Ab aufs Gelände! Zwei Bühnen, mit etwas Abstand nebeneinander aufgebaut, gewähren einen reibungslosen Ablauf ohne Pausen und (zumindest planmäßig...) ohne Überschneidungen. Auf der großen Bühne spielen gerade TEMPO30.
Kenne die Band nur, weil uns vor einiger Zeit mal ne CD von denen zugeschickt wurde, die Besprechung derselbigen lässt aber auf sich warten. Ich selbst hatte keinen Bock, die zu besprechen. Weil: Zwar Deutschpunk, aber irgendwie zu gewöhnlich. Der Eindruck bestätigt sich dann auch live.
Aber man kann ja auch andere Sachen machen. Es gibt zwei Getränkestände neben den Bühnen, einen für Bier und Verwandtes (leider kein alkoholfreies Bier, buh! Aber ich wäre eh der einzige Kunde gewesen), und am anderen Stand gab's Cider und Bowle. Also für (fast!) jeden was dabei! Und die Preise gehen auch noch ziemlich in Ordnung.
Weiter zur zweiten Bühne. Die ist nur unwesentlich kleiner - sowieso ist hier von der Größe her alles angenehm, bis auf den Laufweg zum zweiten Zeltplatz. Da muss man übrigens auch über nen stark gekippten fauligen Jauche-Bach drüber, dessen intensive Geruchsbelastung auch teilweise Richtung zweiter Bühne wabert. Und vermutlich durch den Backstage-Bereich. Ehre, wem Ehre gebührt. Auf der Bühne: LEFT CULTURE.
Streetpunk aus Berlin, mit diversen Ska-Sprenklern. Ganz cool. Super auch das Clash-Cover "Guns of Brixton", vorgetragen von dem Gitarristen mit den blauen Haaren, der eine dermaßen krächzige Stimme hat, dass der Song direkt mal ganz anders, nämlich deutlich räudiger, klingt. Yeah!
Auch cool: Auf Facebook hat die Band gerade mal 7 Fans. Hier wird der Underground halt noch gefördert!
Auch cool: Auf Facebook hat die Band gerade mal 7 Fans. Hier wird der Underground halt noch gefördert!
Nächste Band: NORDWAND! Ebenfalls aus Berlin. Bin ich das erste Mal drauf aufmerksam geworden, als sie vor knapp zwei Jahren beim Untergang-Festival im AZ Mülheim vom Programm gekickt wurden. Tja, da sieht man mal wieder wie gut Verbote für die Publicity sind! Damals hatte ich auch ein wenig recherchiert über die Band und fand die Texte "Satire hin oder her, ne Spur zu prollig und tief unter der Gürtellinie"
Muss man wohl live sehen, um das ganze Ausmaß dieser Musik gewordenen Katastrophe erfassen zu können. Musik ist irgendwie Oi-Punk, aber so dermaßen überspitzt, dass "Satire" als Umschreibung wohl zu schwach wäre. Und irgendwie, obwohl das Niveau (und die Verkleidungen) noch ohne Probleme unter meiner Schuhsohle durchkrabbeln könnte, ist das echt ganz unterhaltsam.
Von der Band stammen auch die "Kategorie Gay"-Shirts (die kannte ich sogar schon bevor ich die Band kannte - in Sachen Promotion kennen die sich echt aus!). Ist ein Zitat aus dem Song "So wie wir", was ein ziemlicher Hit zu sein scheint - und ein Ohrwurm zudem, wie wir noch zwei Tage später merken. Textlich natürlich allererste Herrensahne. Alleine der Reim von "anders" auf "Anders"! Was für Poeten!
Auch mit im Programm: Ein paar Coversongs, oder vielleicht auch ein paar mehr, aber so gut ist mein musikalisches Fachwissen dann doch nicht. Darunter so Unoriginelles wie der Klassiker "Bolle", mit (doch etwas origineller) abgeändertem Text. Oder auch "Die Band der Vollidioten" von Egotronic, auch beinahe ein Klassiker.
Danach spielen "Die Dorks", aber wir brauchen mal ne Pause. Erstmal zum Zeltplatz. Strategisch ist unser Auto auf halbem Wege geparkt, um dort noch eine kleine Flüssigkeitsstärkung zu uns zu nehmen, bevor dann am Zelt was getrunken werden kann. Hier ein idyllisches Bild der Szenerie. Auf keinem Foto aus Ostdeutschland dürfen die Plattenbauten im Hintergrund fehlen!
Nunja, wieder aufs Gelände. Mal gucken was einem sonst so geboten wird. Es gibt diverse Stände mit Textilien und Tonträgern aller Art, eine (sogenannte) Ausstellung mit Punkpostern aus Griechenland, und natürlich die obligatorischen Fressstände. Kleines Fazit dazu: Der Vöner für 5 Euro war etwas dürftig in Geschmack und Menge, die Curry-Kokos-Pfanne dafür echt lecker. den Burger habe ich nicht mehr testen können, den hatte ich mir für den dritten Festivaltag vorgenommen, und, äh, dazu später mehr.
Auf der Bühne mittlerweile: FREI SCHNAUZE! Auch die haben, ebenso wie Nordwand, die Medien fest im Griff. Als weitere Parallelität verstehen sie sich strikt antifaschistisch, aber da hören die Gemeinsamkeiten wohl schon auf. Frei Schnauze wurden wohl bekannt dadurch, dass sie ein Shirt-Motiv an eine Vollidioten-Band anlehnten und dafür verklagt wurden. Bis dato ohne Erfolg.
Gute Einstellung also, aber die Musik ist nicht so meins. Deutschpunk, der in Richtung Hardcore und Metal geht - kann Spaß machen, muss aber nicht, und in dem Fall ist das einfach nicht meins. Kommt einfach zu prollig rüber.
Nächste Band: NO EXIT! Im Rahmen meiner Deutschpunkasozialisation um die Jahrtausendwende habe ich die recht häufig gehört, irgendwann aber das Interesse verloren. Heute kenne ich kaum noch ein Lied von denen. Aber, doch, Riesenhit: "Verbieten ist verboten" wird direkt am Anfang gespielt, "Ich färb sie bunt" ist eh ein großer Klassiker, und "meine kleine Welt" kenne ich irgendwie auch noch. Achja, und das Lied über St. Pauli. Hm, anscheinend kenne ich doch noch recht viel.
Ich war übrigens vorher in meinem Leben erst einmal in Marzahn - auf nem Konzert von No Exit! Auch schon ne Ewigkeit her, aber netter Zufall. Damals gab's übrigens auch fast ne Konfrontation mit irgendwelchen Faschos, die, provoziert durch die Irokesen-Frisuren in unserer Gruppe, auf unsere soeben abfahrende S-Bahn einschlugen. Hat der bestimmt weh getan. Seitdem ist Marzahn bei mir als Faschopflaster verschrien, umso schöner dass hier auch mal ein Punkfestival stattfinden kann.
No-Exit-Sänger Rio trägt ja auch Iro, wenn auch als Palme gestylt. Sieht man ja auf diesem Foto. Palmen gehören ja bekanntlich zum Sommer dazu. Ins Publikum geschmissen, wird die Palme dann aber verprügelt. Och.
Publikum: Top drauf! Gude Laune und so, alle feiern ordentlich, grölen mit und saufen Bier. Fantastisch. Endlich mal wieder ein Festival, bei dem 90% des Publikums optisch zweifelsohne der Subgattung "Punk" zuzuschreiben sind. Wobei hier alle Sparten Punk, von Schlappiro-Gossenschnorrer bis Hipster-Hardcore-Nerd, vertreten sind.
Dabei ist das Resist To Exist ja ein äußerst vielseitiges Festival, auf dem neben klassischem Punk auch anderen Spielarten ne Chance gegeben wird, sich einem begeisterten Publikum zu präsentieren. So darf hier sogar ne Schlagerkapelle auftreten! WILDE ZEITEN sind als Nächstes dran.
Das Konzert ist so dermaßen langweilig, dass ich lieber Grashalme auf dem kargen Festivalboden zähle. Boah ey, Wilde Zeiten. Anfangs fand ich die ja noch okay, irgendwann einfach nur langweilig, aber mittlerweile würde ich am Liebsten schreind weglaufen. Schlimme, ganz schlimme Band!
Nächste Band: TOTAL CHAOS aus den Staaten. Wobei ich keine Ahnung hab, wie das bei denen mit der Besetzung aussieht, gerüchteweise spielt Sänger Rob ja auch gerne mal mit europäischer Backing-Band, aber da fehlt mir einfach das Background-Wissen, um das zu verifizieren. Tut ja eigentlich auch nichts zur Sache.
Der Auftritt beginnt etwas später als geplant, wie Rob erwähnt lag das an den exzessiven Bullenkontrollen speziell ihrer Karre, womit sie schonmal die Sympathien der Besucher auf ihrer Seite haben. Ich schau mir aber nur ein paar Lieder an. Ist nett, schön angepisster Hardcore-Street-Punk, aber ich kenne ja eh nix von denen.
Zurück zum Zeltplatz, mal gucken ob Sö aus dem Koma erwacht ist. Nebenan findet ein Ohrfeigen-Wettbewerb statt, der zwischenzeitlich in ein Wrestling-Match ausartet. Na, ist doch mal was anderes als immer nur Flunkyball. Auf dem Gelände spielen anschließend noch COR, Zaunpfahl und Conflict - aber wir verzichten und machen stattdessen ein wenig Alternativprogramm.
Ja richtig, kann man machen, mal eben 15-20 Minuten Fahrt und schon ist man mitten in Berlin-Kreuzberg, was, einfach so mitten im Festival, schon etwas surreal ist. Berlin ist ja so klein! Ziel unseres kurzen Ausfluges: Die Köpi, wo heute Abend ein feines und äußerst überfülltes Konzert stattfindet. Aber da die Köpi keinen Bock auf Foto- und Pressescheiß hat, findet ihr die Berichterstattung von dort ausschließlich im Paid-Bereich. Ätsch.
Mal kurz die Zusammenfassung. NASTY PACK aus Leipzig kommen sympathisch rüber, ihr Hardcore-Punk will aber bei mir nicht wirklich zünden. GOVERNMENT FLU haben viele polnische Fans vor Ort und werden dementsprechend abgefeiert, legen aber auch ein steiles Brett vor. Gute Band! BEYOND PINK aus Schweden sind schließlich mal so eben die Band des Wochenendes. Großartig! Danach dann aber zurück zum Resist To Exist und ins Zelt. Morgen gehts weiter!