Seepogo Tag 2: Pascow, Ignite, Buster Shuffle, The Sensitives, Pogendroblem, The Melmacs, School Drugs, For I Am, Visions Only, MORTY, 20.07.2024 in Selters-Münster, Lago Alfredo - Bericht von der Redaktion
Seepogo Tag 2, 20.07.2024 in Selters-Münster
Tag 1 dieses Berichts zu schaffen mache. Wie ich Nachschub benötige, trällert die Blasmusikkapelle ESCHBARANKA im Festivalbiergarten. Die hartgesottenen Punker haben ja kollektiv was gegen Blasinstrumente während sie in der Regel nicht mal wissen, dass man damit mehr Töne spielen kann als die Instrumente Ventile oder Klappen haben. Ich halte das für einen witzigen Einstieg in den Tag solange die Liedinhalte nicht in die falsche Richtung abbiegen. In dem Fall ist das einzig Störende, dass nebenher auf der Bühne Soundcheck gemacht wird.
Trotz der Nacht fühle ich mich gut. Nach Minimalhygiene hole ich mir eine Brezel vom Frühstücksstand, der sonst noch Kaffee hatte. Darauf rede ich einige Zeit mit einem sympathischen Kerl auf dem Parkplatz über Gott und die Welt, bevor ich mich mit meinen zwei Pülleken an
Pünktlich um 13 Uhr fegt BEESONFLOWERS die Bühne. Ich bin gespannt, weil es die einzige Band ist, in die ich davor nicht reinhören konnte und die Sängerin zufällig meine Parkplatznachbarin ist. Wie wir erfahren, hat sich die Band zwischenzeitlich in MORTY umbenannt. Was offenbar zuvor Akustik Pop war, ist jetzt irgendwas zwischen Indie Rock und Post Punk. Ein Stück Emo mag man auch vernehmen.
VISIONS ONLY offeriert Hardcore Punk an der Grenze zu Metalcore. An ein paar wenigen Stellen erinnert es an Zebrahead, die gestern spielten, besonders wegen den schnellen rapartigen Parts. Gegen Ende des Sets spielen sie tatsächlich ein altes Cover. Insgesamt macht mir Visions Only überraschend viel Laune. Eigentlich hätte man Bock sich zu bewegen, aber der Planet sticht uns allen auf die Mütze. Manche Verrückte lassen sich aber nicht abhalten. Übrigens stand die Band schon letztes Jahr auf dem Lineup, aber da klappte wohl etwas nicht. Gut, dass das jetzt nachgeholt wurde.
In meinen Ohren ist For I Am härterer Pop Punk mit schöner Singstimme über viele Tonlagen und politischen Themen. Die Sängerin erwähnt, dass sie sich vor ein paar Wochen bei einem Konzert im Moshpit die Schulter gebrochen hat. Weswegen genau erfährt man nicht, aber ist ein guter Anlass, zu sagen: Spaß haben, aber aufpassen und Rücksicht nehmen. FOR I AM ist für uns heute die erste Band. Wir haben nämlich ausgeschlafen und lange gefrühstückt. FOR I AM spielen Poppunk, haben gute Laune und gehen hervorragend ins Ohr. Nichts was ich mir zuhause auflegen würde, aber für so einen Start in den Tag echt perfekt!
School Drugs legen eine Mischung aus Hardcore und rotzigem Street Punk auf. Ich bin sehr begeistert von der Energie, die von jedem einzelnen Bandmitglied ausgeht. Dabei wird eine enorme Wut transportiert, die mir voll ins Mark fährt. Leider ist der Frontmann etwas leise abgemischt während andere Vocals besser zu hören sind. Das ändert aber rein gar nichts daran, dass mich School Drugs voll in den Film spielt. Da werde nach dem Festival noch reinhören. SCHOOL DRUGS kommen aus New Jersey und servieren Hardcorepunk. Es geht ordentlich voran und die gesamte Band wirbelt über die Bühne. Der Sänger wirkt manchmal wie von einem ganz anderen Planeten, irrt auch gerne während den Instrumentals über die Stage oder glotzt auf sein Handy. Absolut geile Powershow, ich bin begeistert und plündere natürlich sofort den Merchstand.
The Melmacs haben einen ordentliche Menge Pop in ihrem Punk, was folglich leicht ins Ohr geht. Leider kommt es mir über das Set hinweg etwas eintönig vor, obwohl sogar Keyboard, Schellenrassel und eine Handtröte aus der Trickkiste gezogen werden. Nichtsdestotrotz versprüht die Band nur gute Vibes sowohl in Ansagen als auch in ihrem bloßen Dasein. Selbst das Mitmachprogramm "Dance of Arsch" - in Klartext soll jeder mit dem Hintern wackeln - hat eine erheiternde Note. Zudem trägt die Sängerin diese Shag Frise, die ich mir genau so machen würde, hätte ich genügend Haare. THE MELMACS liefern mal wieder ihre solide Punkrockshow. Macht tierisch Spaß - genau das richtige um ein bisschen im Schatten zu tanzen.
Pogendroblem gefiel mir beim SBÄM Fest richtig gut und ich freue mich auf eine weitere Extase. Die Mehrheit des Publikums empfindet nicht so und ist sichtlich irritiert. Ich finde es lustig. Georg am Mikrofon eher nicht, steigt aber trotzdem noch zum Publikum herab und versucht, den nicht ganz barrierefreien Berg, welcher der Eingang ist, herunterzurollen. Die Länge des Kabels macht leider einen Strich durch die Rechnung. Eine Zugabe gibt es aufs Haus, aber erst gehen die Vier mal von der Bühne. Komisch, das passt gar nicht zu ihnen.
Das sind erste Anzeichen davon, dass hier eine Stadionband heranwächst! Juhu - schon wieder POGENDROBLEM. Fantastischer Auftritt! Glaube auch die einzige Band, die den Frontmensch ins Publikum schickt. Macht herrlich viel Spaß und meinetwegen könnten sie das gesamte Set einfach nochmal spielen.
The Sensitives produzieren zu dritt einen wahrlich stabilen Sound. Dennoch fehlt mir der Charakter. Das scheint mir alles mit Absicht auf Tanzen sowie Mitsingen ausgelegt und ist nichts, was mir im Gedächtnis bleibt. THE SENSITIVES finde ich grundsätzlich ganz wunderbar, das neue Album will sich bei mir aber nicht eingrooven und live funktioniert es bei mir leider heute gar nicht. Könnte mir im schimmligen Club vermutlich sehr viel besser gefallen.
Nach deinem Koch-Pfeffi waren wir clever genug, einfach zur Fressmeile zu gehen um möglichst alles von BUSTER SHUFFLE zu verpassen. Hat funktioniert & der Falafelwrap war super lecker! Mit Buster Shuffle kann ich wirklich gar nichts anfangen und bin bewusst fern geblieben um auch weiterhin sagen zu können: Nie live gesehen! BUSTER SHUFFLE ist die einzige Band im Lineup, die ich eintauschen würde, um den warmen Pfeffi aus meinem Kofferraum zu trinken. Anfangs gehen wir dem sogar nach, kehren aber rechtzeitig zurück und bekommen noch einiges mit. Buster Shuffle ist quasi Ska ohne Blasinstrumente. Die Gitarren halten dafür her. Ein Klavier gibt es auch, das wiederum Swing reinbringt. Ich fühle mich wie auf dem Jahrmarkt. Mich freut es immerhin, dass es keine großen Mitmachaktionen gibt und einige mögen es offensichtlich, dazu zu tanzen.
Mir taugt Ignite auf Tonträger eh nicht, trotzdem bin ich enttäuscht, live nicht vom Gegenteil überzeugt worden zu sein. Die Songs geben mir nichts und die Stimme scheint mir oft daneben. Immerhin gefällt mir, dass Ignite trotz ihres größeren Namens schlicht als Band auftreten. Abgesehen von Nebel, ist es puristisch. Mit Oli von Melonball gibt es dann den ersten und einzigen Gastauftritt des Festivals. Ebenso cool finde ich, dass der Ignite Mercher an seinem Stand mitgrooved. Mit Ausnahme der Aussage des Sängers, dass er sich für immer an diesen Moment erinnern wird, ist es eigentlich eine authentische Nummer. Ich habe schon oft versucht, mich in die Welt von IGNITE zu fühlen. Bisher erfolgslos - also versuchen wir es eben live. Nach ein paar Songs ist klar - ist einfach nicht so meins. Für mich hört sich jeder Song gleich an - also ab an die Bar.
Auf PASCOW mit P aus Gimbweiler mit G ist Verlass. Nachdem ich letztens für Nürnberg kein Ticket mehr ergattern konnte, bekomme ich jetzt meine Abreibung. Ich liebe die stürmischen Songs, die teils wirren Texte und die unbändige Energie der Liveshow. Das Moshpit ist mir zu aggressiv, also springe und gröle ich von der Seite aus mit. Bei den Vocals mancher Songs unterstützt Jenny, die man viel mehr als COLLETTI aus Saarbrücken kennt. Sie passt nicht nur musikalisch wunderbar dazu, sondern bringt auch die gleiche Stimmung mit. Die riesengroße Freude, die sie dort auf der Bühne versprüht, macht mich ernsthaft glücklich. Nun, kommen wir zur allergrößten Band des Universums. Die Eras Tour von Taylor Swift kommt schon nahe an die Shows von PASCOW, aber ich sah vereinzelt schon freie Ränge, während bei den Saarländern wirklich kein Millimeter ungenutzt bleibt. Die Setlist soweit unverändert wie auch neulich in Nürnberg & schon mit den ersten Takten entfacht sich ein irrsinniger Moshpit, den ich wie so oft schon wieder zu wild finde. Sogar zwei Gehirnsmputierte starten eine waschechte Schlägerei. Nunja - ist halt so. Bei hunderttausenden Besuchern bleiben ein paar Idioten nicht aus. Anschließend verabschieden wir uns von vielen netten Gesichtern und das wars leider schon vom Seepogo.
Ganz schön schnell vorbei so ein langes Wochenende. Das Seepogo jedenfalls hat mir super gut gefallen. Sound durchgehend gut gewesen, Preise alle okay (Bier 4€), ich musste eigentlich nie irgendwo anstehen, habe ausschließlich nette Leute getroffen (außer der Barfrau im Onkelz-Shirt, widerlich!) und hatte ein paar wirklich schöne Tage. Ich würde mich lediglich über etwas mehr Essensauswahl freuen. Für den Tierleid-freien Menschen gab es die Auswahl zwischen Falafel und Pommes. War zwar super lecker, nach der 5. Portion hat man aber halt auch mal Bock auf was anderes.
Ja, leider schon so einige Dorfdeppen aufgelaufen. Aber wer will es ihnen verübeln? Dort im Taunus ist vermutlich nie was los, sodass selbst die letzten Idioten auf ein Punkfestival rennen, wenn denn mal irgendwo etwas Party ist. Empfand ich aber mehr als Randerscheinung und ist mir nun gar nicht so übel aufgestoßen.
Hört sich in meinen Worten wahrscheinlich schlimmer an als es war. An sich ist das SEEPOGO ein klasse Festival. Das Lineup ist, ebenfalls wie letztes Jahr, erste Sahne und es ist wirklich preiswert. Letzteres finde ich fast zu krass, denn würde man ein paar Euro beim Eintrittspreis mehr verlangen, könnte man vielleicht auch für Duschen, Trinkwasserspender und mehr Essensauswahl aufkommen. Fast schlimmer finde ich, dass das Festival einige Proleten und Macker anlockt. Leute, die nur zum Saufen da sind, Männer ohne T-Shirt und Fans von Grauzonen-Musik kommen durchaus vor.
Falls ich dort mal wieder hingehen sollte, werde ich aber auch vor Ort campieren. Unsere Ferienhütte war zwar cool, aber alles andere als preiswert und von dort zum Festival zu kommen, war irgendwie auch herausfordernd. Radwege, Feldwege oder so gab es nicht, sodass wir nachts über die Landstraßen radeln mussten und mit 1-2 Bier (oder mehr, Anm. der Redaktion) ist das gar nicht so ideal. Jedenfalls war datt schön dich (schon) wieder zu sehen, Alex! Und erst die vielen anderen netten Gesichter! Bis Bald!