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Freitag, 10.05.2019: Die Wände im Interview!


Du könntest ein richtig schönes Häuschen bauen aus den ganzen deutschsprachigen Postpunkbands welche in den letzten paar Jahren buchstäblich wie Pilze aus dem Boden sprossen. Das Häuschen hätte Türen, Fenster, sogar ein paar Tunnel. Vor allem braucht es aber DIE WÄNDE.
DIE WÄNDE haben das Genre für mich erst so richtig gemütlich gemacht. Ihr im März erschienenes Debütalbum IM FLAUSCH läuft bei mir seit dem Release rauf und runter. Besonders interessant wird das Album im Kontext der Aufnahmen zwischen Bauernhofdachboden und grippalem Infekt. Es ist ein Album geworden, welches eine lang nicht musikalisch transportierte Atmosphäre aus Euphorie, Wut und Prokrastination zu erschaffen weiß und damit genau da anknüpft, wo Tocotronic 1999 aufgehört haben.
Für dieses Interview traf ich Carsten von Postel (Gitarre, Gesang), Jann Petersen (Bass) und Matthias Wolff (Schlagzeug) fernab ihrer Berliner Höhle hinter einer Bühne während dem ersten Teil ihrer Tour zum Debütalbum.
Viel Erfolg beim Lesen:


BS: Hallo Wände! Ihr seid gerade auf Tour und lasst euch richtig gut gehen. Lasst uns zum Klären der Verhältnisse erstmal gucken was ihr so in den Hosentaschen habt. Was ist da drin?
CVP: Also, Ich habe in meiner rechten Hosentasche ein Telefon und 50 Cent. Und die linke Hosentasche beherbergt aktuell ein Pilsener Urquell Etiquette mit der Telefonnummer eines Veranstalters aus Dresden drauf. Außerdem eine Quittung wo wir 100 Euro draufgezahlt haben, weil es nicht genug Geld gab. Eine Duploverpackung und ein Euro. Insgesamt also 1,50.
MW: Ich hab meinen Ausweis dabei, paar Sticker von der Schaumburg in Bonn. Dann habe ich ein Brillenputztuch, da wir was mit Kunst machen und Brillen tragen. Ja und hier sind noch ein paar Taschentuchknüddel die ich als Gehörschutz trage. So, das war die Linke. In der Rechten ist mein Telefon, noch mehr Taschentuchbömmels (1,2,3,4), auch ein Duplo und ein Gruppenticket der Kölner Verkehrsbetriebe. Das wars. Was ein krasses Leben.
JP: Ein blaues Stück Plastik, ein Zettel mit Hoteladresse, Türcode und WLAN-Passwort. Das Passwort ist „Hostel-Gast“. Dazu noch ein Schlüssel mit einem Kronkorken dran.

BS: Super, das ist das was die Leute lesen wollen. Lasst uns einen scharfen Übergang zur Platte schaffen. Ihr habt IM FLAUSCH nicht in irgendeinem Studio in Berlin aufgenommen, sondern auf einem Bauernhof. Ich habe ein wunderschönes Foto gesehen vom Dachboden, auf dem das Album anscheinend entstanden ist. Wie kamt ihr da dran und wie habt ihr die Zeit erlebt?
CVP: Das war schon eine ziemlich krasse Zeit, da wir alle aus so einem Winterloch kamen und dann sind wir dahin. Wir waren nicht wirklich eingespielt und hatten auch nicht genug Songs. Eigentlich dachten wir, wir hätten da noch so ein, zwei Tage um Songs zu schreiben, aber der Zeitplan war dann doch recht eng. Gefühlt haben wir noch zwei Songs fertiggemacht und Sachen probiert. Wir haben auf diesem Dachboden eine Woche aufeinander gehockt, dort zwischen den Kabeln gepennt und nach dem Aufwachen weiter am Album gearbeitet. Abends gab’s Stampfkartoffeln oder Pellkartoffeln mit Quark.
MW: Es war wirklich intensiv. Carsten hat die ganze Zeit davor immer nur Reis mit Scheiß gegessen, da sein Magen übel rebellierte und wurde dann nach drei Tagen richtig krank. Dazu hat es ziemlich gezogen auf diesem Dachboden. Danach wurde das Haus verkauft und wir haben da noch kurz davor Rock gemacht.

BS: Da wohnen jetzt wahrscheinlich Leute drin, die gar nicht wissen, dass auf ihrem Dachboden eine Schallplatte kurz vor ihrem Einzug entstanden ist.
CVP: Nach dem Verkauf wurde da eine dicke Antenne für Fernsehen oder so draufgebaut. Das ist ein 200 Jahre altes Haus und es hat dadurch ziemlich an Charme verloren. Es ist definitiv eine abgefahrene Vorstellung, dort drin ein Album gemacht zu haben. Das war ja nichts was wir uns vorgenommen haben. Wir sind per Zufall an diesen Ort gekommen. Als wir fertig waren dachte ich „Krass, da hat noch nie jemand eine Platte aufgenommen und da wird auch nie wieder jemand eine Platte drin aufnehmen“. Ob das jetzt was mit dem fertigen Album zu tun hat oder nicht ist ja erstmal egal. Aber ich kann mir vorstellen, dass dieser Ort, die Umstände und Zufälle den Gesamteindruck der Platte abrunden.


BS: Jetzt seid ihr mit dem Album das erste Mal auf Tour. Wie läufts?
JP: Wir haben uns bisher echt wenig gestritten.
MW: Wenn wir uns streiten dann übers Autofahren. Ich bin wahrscheinlich ein vorsichtiger Autofahrer als Jann.
CVP: Shoutout an alle Versicherungen. Wenn Versicherungsbedarf besteht, dann ist Matthias auf jeden Fall ein sehr vorsichtiger Fahrer und dann kommt Jann und der ist unglaublich sicher. Unser Fahrer und Mercher Finn ist noch viel sicherer und ich bin auch irgendwo dabei. Einfach eine sehr sichere Fahrgemeinschaft.
MW: Bei dem Sprinter den wir grade fahren gibt es eine königsblaue Wand zwischen Fahrerkabine und Sitzen. Damit haben wir erstmal eine Probefahrt auf dem Parkplatz gemacht.
JP: Vielleicht sollten das die Versicherungen nicht hören.
MW: Um auf die Tour zurück zu kommen, bisher haben uns alle Shows Spaß gemacht. Wir sind mit jedem Konzert besser geworden, ich habe auch heute ein gutes Gefühl. Das lag auch daran, dass so viele Leute da waren (Anm. d. Red.: in Zahlen 4).

BS: Hab ich das richtig gesehen, dass die Autogramme auf der Platte wollten?
MW: Ja, das ist schon zum vierten Mal passiert. Meistens sind das alte, weiße Musikliebhaber. Heute war das eine Frau um die 30.

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BS: Danke für den Stand der Dinge. Unsere Leser brauchen kurze, klare Fakten. Daher klären wir diese nun im Kreuzverhör:
BS: STROBOS oder gar kein Licht?
alle: STROBOS

BS: Jeff Goldblum oder John Travolta?
JP: Wer ist denn der erste nochmal? Der Typ von Jurassic Park 2?
MW: John Travolta war meines Erachtens total fehlbesetzt in der Anwaltsrolle bei der O.J. Simpson Serie. Das war komisch ihn als Staranwalt zu sehen. Naja, er wird halt nicht besser. Ich würde ihn trotzdem nehmen.
CVP: Ich sage Jeff Goldblum. Ich glaube Jurassic Park habe ich neulich nochmal geguckt. Er spielt doch den Philosophen oder? Alle Charaktere sind dort so mega überzeichnet und es ist irgendwie witzig und gleichzeitig war’s son Ding oder?
JP: John Travolta ist aber auch Scientology. Aber das ist gut, Kults sind super.

BS: Echsenmenschen oder Chemtrails?
MW: Ich find Chemtrails interessanter. Es gibt Pseudowissenschaftler, die das untersuchen und ich finde es sehr spannend was die für Messmethoden benutzen. Es gibt auch super Dokus über die Flat-Earth-Bewegung, die dann Messvorrichtungen in Form eines Riesenlasers bauen und alles klappt hinten und vorne nicht und dann entdecken sie, dass die Erde doch gekrümmt ist und alles ist scheiße. Ich frage mich... Was denken sich Leute für Methoden aus um zu beweisen, dass Chemtrails eben Chemtrails sind? Also gesteuert und gefährlich. Naja, aber Echsenmenschen sind auf der Fantasy-Ebene interessanter.
JP: Echsenmenschen find ich auch geil, aber bei Chemtrails geht’s schon wieder um was Anderes, da das angeblich menschengemachte Bedrohungen sind. Die Echsenmenschenvorstellung, dass wir irgendwie von außerirdischen Lebewesen beherrscht werden, ist einfach geil weil’s so großer Quatsch ist, der aber nichts irgendwie mit Scheiß zu tun hat. Chemtrails und andere Verschwörungstheorien laufen dann ja immer auf die jüdische Weltverschwörung hinaus oder sowas. Das ist immer Bullshit. Echsenmenschen sind Aliens und das ist schon cool.

BS: Lieblingsfilm auf Drogen?
JP: Grease
MW: Planet Earth. Da komm ich voll in den Hippiemodus.
CVP: Austin Powers

BS: Was findet ihr denn eher overrated oder underrated? Ich werf mal ein paar Schlagworte in den Raum
BS: Ramen:
MW: Nie gegessen, aber ich würde sagen Overrated. In Berlin poppen gerade überall diese Läden auf und ich habe den Verdacht, dass das sowas wie Bubbletea ist. Für ein Jahr cool und dann aber wieder komplett weg.

BS: Lemmy:
JP: Nie viel mit dem beschäftigt.
CVP: Genau gleichrated. Der Fame ist dem gerecht was er war.

BS: Kuschelparties:
JP: Underrated. Es gibt leider noch keine Parties wo „Kuschelparty“ draufsteht die mich ansprechen. Würde ich momentan auf keinen Fall machen. Aber ich habe mal von einem Konzept gehört, was sich Uhrenkammer nennt. Das soll eine kleine Kammer innerhalb einer Wohnung sein, wo alles super flauschig ist. Und das ist nicht so ultrasexualisiert, sondern ein schönes Beieinander sein. Keine Singleparty.
MW: Ja hab ich schon mal gemacht. Ist gut!

BS: Deutschpunk:
MW: Weiß ich nicht. Hört sich für mich nach einem zu großen Stempel an. Da bin ich gedanklich zu schnell bei Deutschrock und davon bekomm ich ganz merkwürdige Gefühle.
CVP: Deutschpunk ist Deutschrock in schneller.
JP: Ich würde sagen alles wo „Deutsch“ draufsteht ist auf jeden Fall absolut overrated.

BS: Traumfänger:
JP: Super das schöne Konzept. Sehen echt scheiße aus, aber das Konzept ist schön.
CVP: Es hat bei mir noch nie geklappt.

BS: Inner-Lip-Tattoos:
MW: Kommt auf Tattoo an.
CVP: Zum Beispiel ein WLAN Passwort wäre sehr cool als Inner-Lip-Tattoo. Die Haut dort ist nämlich ziemlich dünne Schleimhaut. Das heißt nach circa fünf Jahren ist das Tattoo wieder weg und dann hat man eventuell ja auch ein neues WLAN-Passwort und kann es direkt wieder spiegelverkehrt rein tätowieren. Wenn man das Passwort vergisst kann man sich einfach kurz vor den Spiegel stellen, Lippe runter und schon kann weiter gesurft werden.
JP: Und man hat direkt noch ein geiles Selfie. Nice.

BS: Danke für das Gespräch.


mrks 05/2019
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