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Distival V Fest: Japanische Kampfhörspiele, Attack Of The Mad Axeman, Pisscharge, Azijnpisser, Captain Caveman, Dismalfucker, Dekonstrukt, Cop An Attitude, 31.08.2024 in Karlsruhe, P8 - Bericht von alexanderdavide

Distival V Fest, 31.08.2024 in Karlsruhe

In den letzten 3 Wochen gab es leider keine für mich ernsthaft spannenden Veranstaltungen in annehmbarer ÖPNV-Erreichbarkeit. Als sich in der 4. Woche ohne Flucht in eine scheinbar bessere Welt dann etwas in mir verabschieden wollte, bin ich glücklicherweise auf das Distival aufmerksam geworden. Dabei handelt es sich um ein Fest für Crust, Grind und Powerviolence, das nun in die 5. Auflage geht. Dieses Jahr gibt es für 20 € 8 Bands auf die Ohren, wovon 7 aus Deutschland kommen und 1 aus den Niederlanden. Eine Miniramp mit Stand von Koloss Skateboard und ein veganer Imbiss des direkt angrenzenden Café Noir sorgen für zusätzliche Annehmlichkeiten. Meine Vorfreude ist groß.
Per Bus, einen mit VfB Stuttgart Fans gefüllten RE und schließlich einen IRE finde ich zum Karlsruher Hbf. Bevor es zum Hauptprogramm geht, mache ich erst etwas Trinkkultur in Form von 3 Brauereien. Im Hostel sollte ich auch noch einchecken. Ich merke schon, die einzige Spaßbremse des heutigen Tages wird die Außentemperatur von 32 Grad Celsius sein.
Im Hostel unterhält sich mein angetrunkenes Ich mit einem 19 jährigen Pilger aus Leipzig, der morgen per Flixbus nach Spanien fährt, um den Jakobsweg zu gehen. In der Folge komme ich verspätet zu den Locals COP AN ATTITUDE und bekomme gerade einmal 1,5 Songs mit. Ich nehme eine verzerrte Stimme wahr, die über schwere und harte Instrumentals sägt. Zur ersten Band ist bereits mehr los als ich erwartete.
Nachdem ich vorhin sofort hineingestürmt war, schaue ich mir den Laden jetzt genauer an. Das P8² ist zweifelsohne eine subkulturelle Instanz in Karlsruhe. Die Betreiber verstehen sich als freies und werteorientiertes Kollektiv, das sich in dem Raum kreativ auslebt. Beim Blick ins Programm findet man hauptsächlich Konzerte, aber es finden auch andere Veranstaltungen, wie z. B. Lesungen, statt.
Heute wird Krach verschiedenster Arten serviert und das ist das Menü.
DEKONSTRUKT spielt Crust und kommt aus Ulm. Was ein Zufall! Nachdem ich viele Gelegenheiten verpasst und mich einmal nicht mehr an ihren Auftritt erinnern kann, könnten die Voraussetzungen nicht besser sein. Ohne Firlefanz brettert Dekonstrukt einen Song nach dem anderen. Die Hauptstimme variiert mal in höhere, mal in tiefere Lagen, wo sie gelegentlich von Backingvocals unterstützt wird. Teils fallen mir schöne Instrumentalpassagen auf. Inmitten des Sets reißt die Saite der Gitarre links im Bild. Selten hat jemand so energisch eine Verschnaufpause eingefordert. So erfahren, scheinbar ungeplant, dass die Band eine neue Platte herausgebracht hat.
Die Darbietung von DISMALFUCKER kommt etwas melodischer daher und Songführung der Münsteraner ist ein Stück geradliniger. Besonders nennenswert finde ich, dass die Frontperson in Birkenstock auf der Bühne steht. Das ist eine etwas weniger disruptive Maßnahme gegen die Temperaturen im Vergleich zu Dekonstrukt.
CAPTAIN CAVEMAN ist aus Trier angereist, um mir zu demonstrieren, was Powerviolence eigentlich genau bedeutet. Sound und Geschrei geben nämlich buchstäblich aufs Maul. Ich verstehe, wie heute wahrscheinlich noch öfters, quasi kein Wort, aber Captain Caveman erklärt schön im Voraus eines jeden Songs, zu welchen Inhalten ich sogleich mit dem Kopf nicken oder gar meine Extremitäten bewegen werde. In einem Song geht es ums Arbeiten. Darauf sind Rachefantasien das Thema. Das nenne ich stringentes Handeln.
Mit AZIJNPISSER kommen wir zu der Band, dessen Namen ich mit Sicherheit falsch ausspreche. Gut, dass das hier kein Tonband ist. Das Soundgewand der Niederländer klingt für mich von Anfang bis Ende richtig gut, aber irgendwie auch immer gleich. Vielleicht habe ich mittlerweile die Fähigkeit verloren, Differenzen zu erkennen. Trotzdem trinke ich wohl zu langsam, denn die Anwesenden haben das Hansa Pils echt ohne mich ausgetrunken. Ich Narr dachte echt, ich trinke erst die für mich unbekannten Biere aus der Region und schon ist der edle Gaumenschmaus weg. Ähnlich ist es mit dem Essen. Wie der kleine Hunger mich erwischt, blicke ich beim Café Noir in leere Pfannen. Dann trinke ich die Kalorien halt.
PISSCHARGE ist zwar in Hannover zu Hause, textlich jedoch hauptsächlich in Portugal und Spanien. Gut, dass ich einige Jahre Spanisch gelernt hatte und heutzutage kaum eines Wortes mehr mächtig bin. Mehr als ¿Tomamos algo? ist nicht hängengeblieben. Pisscharge geht jedenfalls ziemlich steil und nimmt mich im Moment irgendwie mit.
ATTACK OF THE MAD AXEMAN macht animalisches Geschrei und trägt dazu die passenden Kostüme. Zum ersten Mal kann ich was mit Kostümierung anfangen. Normalerweise verstehe ich unter "Kostümierung" solche Bands, die sich extra für ihren Auftritt möglichst genrekonform und koordiniert herausputzen, was mir oft unauthentisch aufstößt. Hier kann ich damit arbeiten, weil es einfach Tiere sind. Außerdem amüsiert mich die Vorstellung, dass sich die Frontperson hinter dem Panzer verstecken kann, sollte das Publikum mit Tomaten oder Hansa Pullen werfen. Das ist glücklicherweise nicht nötig, denn der musikalische Angriff aus Recklinghausen ist, mindestens instrumental, eine Wucht.
JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE biegt mit Grindpunk in die Zielgerade des Distival V ein und auch in Krefeld trägt man Birkenstock, wie die Person am Bass beweist. Tatsächlich ist nicht nur das Schuhwerk deutsch, sondern ebenfalls die Texte. Während es in vielen Songs um Kritik an der Gesellschaft geht, gibt es Songs wie "Komm, wir drehen einen Porno", was weit außerhalb meines Geschmackshorizonts einschlägt. Interessant finde ich wiederum, dass die Band mit nur 1 Gitarre und 1 Bass auskommt, dafür zwei Personen am Gesang hat. Doch so versiert wie da geklampft wird, mangelt es in keinster Weise an musikalischem Tiefgang. Derweilen plagt Japanische Kampfhörspiele eine gewisse Unzufriedenheit mit der Resonanz des Publikums. Wie es sich für einen guten Headliner gehört, wird mehr Action gefordert und ein Circle Pit erzwungen.
Ein erstklassiger und für mein Seelenheil wichtiger Tag neigt sich dem Ende. Das P8² ist ein mit Herz gestalteter Laden. Überall findet man schöne Details. Draußen kann man sich sogar in einen alten Bus setzen, der heutzutage mehr Rückzugshöhle als Fortbewegungsmittel ist. Drinnen ist man von schönen Graffitis, Banner und Flaggen umgeben, die im Gegensatz zu Locations wie dem Backstage München authentisch wirken. Die Bühnengröße und -höhe ist für meine Begriffe optimal. Wie man den Bildern entnehmen kann, ist das Bühnengerüst offen zu sehen, was so einen Industrial Style abgibt und in dem Licht cool wirkt. Kleinere Veranstaltungen finden allerdings weiter vorne mit entsprechend kleinerer Bühne statt, wie mir ein Gast erzählt. Die Grundlage des P8² wurde von der Distival Crew hervorragend genutzt, die reibungslos durchs Programm führt. Das ist bei 8 Bands von 18:30 bis 0:30 Uhr schon eine Leistung. Den Sound empfand ich über die ganze Zeit hinweg als einwandfrei. In den kurzen Umbaupausen wurde es nicht langweilig, denn mit Miniramp, dem langen Merchstand und weiteren künstlerischen Ständen gab es genug Abwechslung. Ansonsten gab es ja Menschen, mit denen man sich durchaus unterhalten konnte. Die Getränkeauswahl war übrigens super und die Preise ebenso; für die Statistiker: Wasser 1 € oder gratis an der H2O Auffüllstation, Bier 3 € oder Soli Bier für 2 €. Zusammenfassend halte ich fest: War super. Bis zum nächsten Mal!
Die letzten Minuten des japanischen Hörspiels schenke ich mir und schaue beim unweit gelegenen McDonalds für eine Henkersmahlzeit vorbei. Die wird mir über die Nacht bestimmt wie ein Stein im Magen liegen, aber es führt kein Weg daran vorbei. An der Bestelltafel blicke ich nicht mehr ganz durch und ordere zweimal Pommes zu meinem Pflanzenburger. Naja, der Hunger treibt es rein.

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