Izero Hardcore Fest (Tag 2): Bad Breeding, Hez, Total Nada, Poison Ruin, Fuckin Lovers, Ohyda, Suicidas, Gewaltbereit, Myteri, Bombardement, Traidora, Scoop, Catastrophe, Twisted Teens, 28.06.2025 in Wolimierz (PL), Atelier Wolimierz - Bericht von verSemmelt
Izero Hardcore Fest (Tag 2), 28.06.2025 in Wolimierz (PL)
Vor den Bands machen zwei KünstlerInnen noch das 1312ⒶCABARET. Es wird zu weirder Musik (u.a. Nena - 99 Luftballons) so bissl mit Körperöffnungen gespielt und am Seil geturnt. Eine Mischung aus FreakShow und Zirkus. Wer's mag...
Musikalisch beginnt der Tag heut mal gediegen aber verspätet mit den TWISTED TEENS. Die machen so eine Mixtur aus Outlawcountry und Garage. Im Schatten der Box bin ich sehr fasziniert von dem eiskalten Dude, der diese komische Lap-Steel-Gitarre spielt. Fototechnisch fehlt CATASTROPHE aus London,weil ich dachte, ich hab die schon vorher beim Soundcheck geknipst. Da gabs grundsoliden D-Beat mit ab und zu hoher Metalgitarre.
Die Prager SCOOP spielen dieses Wochenende auch auf dem riesigen Mighty Sounds Festival. Warum? Das ist wohl genau dieser HC, der schon eine zeitlang voll den Hype erfahren hat. Mit den zwei Shirts von SPY auf der Bühne kann man deren Orientierung erkennen. Ist es Chain Punk? Auf jeden gutes Gekloppe!
TRAIDORA kommen aus London mit Transfrau Eva am Mikro und genau um diese Themen geht es in den spanischen Texten. Alles ist sehr roh gehalten und erinnert zuweilen an Bands aus Bogotá.
Ich verschlamme draußen (leider) PLASMA, da sich scheinbar die Bands dann doch - durch die Verzögerung vorhin - jetzt leicht überschneiden. So kommen wir direkt zu BOMBARDEMENT aus Bordeaux und einer kompromisslosen D-Beat-Fackel. Ich würde das Gehörte eigentlich unter Stenchcore einordnen. Da ist nix neu, nix innovatives, einfach immer Vollgas wie früher und Sängerin Oriane gibt ihre eigene Note dazu. Herrlich.
Der musikalisch (wenn man so will) professionellste Auftritt kommt dieses Jahr von MYTERI. Da kann ich an der Stelle auch herausheben, dass der Sound auf beiden Bühnen dieses Jahr sehr gut war. Gut dass der Tonmensch sich dieses Jahr nicht wieder ein paar Tage vor dem Festival verletzen musste.
Und die Schweden machen genau den Crust, mit dem insbesondere Wolfbrigade groß geworden ist. Sehr melodische Gitarren erzeugen eine wunderbare Wand und für mich ist das purer Genuss, was hier MYTERI hinzaubern. Eigentlich kurios für mich, das recht wenig vor der Bühne los ist. Aber anscheinend ist die beste Zeit für solche Musik vorbei. Ich liebe es trotzdem und die Samstagausflügler "Allein dafür hat sich das herkommen schon gerechnet" stehen mir bei.
Sinngemäß haben GEWALTBEREIT "einfache Antworten auf komplexe Fragen" und klingen wie VKJ, die man statt auf 33 mit 45 rpm abspielt. Vollgas Deutschdreckpunk. Einige haben sich direkt verliebt...
Bevor SUICIDAS aus Barcelona (und Wien) losgeht, ernte ich ungläubiges Gelächter mit der Aussage, dass ich Suicidas durch Krause Glucke Weltverschwörung kennengelernt habe. Hier die Rezi. Die Band zieht voll durch und schafft echt 14 schöne Punksongs in der halben Stunde, die hier für jede Band maximal angepeilt sind. Zum Abschluss kommt dann auch das oben angesprochene Original - und das heißt "Vertigo"
Publikum teilweise sehr textsicher bei einer Band die wohl eher selten live zu erleben ist. Bei Bandcamp sind die letzten Sachen aus dem Jahr 2016. Schöner Auftritt und auch jetzt genau das richtige für mich, mit einer Band, wo man auch mal die Texte verstehen kann, auch wenn diese spanisch sind. ¡Maravilloso!
Von OHYDA aus Lublin weiß ich so gut wie gar nix mehr. Das war etwas langsamerer Hardcorepunk mit Hall. Da blieb ich nicht solang drin und wir gehen mal zum Camp um etwas den Körper zu regenerieren. Im Hintergrund berieseln uns dann RUIDOSA INMUNDICIA. Ihr könnt im nächsten "Proud To Be Punk" lesen, dass ich wohl die beste Band des Festivals verpasst habe. Wenn ich gewusst hätte, dass die aus dem Umfeld Suicidas entstammen hätte ich mich hingequält. Schade. Das sind ja auch immer Bands, die einem nicht so leicht über dem Weg laufen.
Die nächste heftige Attacke auf die Synapsen sind FUCKIN' LOVERS aus Philadelphia mit ultraschnellem Hardcorepunk mit viel Verzerrung, also kurz Noisecore oder ganz einfach Lärm. Abgefahrener Stoff. Nicole meinte, dass sie sogar Kopfschmerzen von der Musik bekommen hat. Das im übrigen bei der Band sehr junge Publikum findet es klasse und wabert desöfteren wie ein riesiges Knäuel von Seite zu Seite.
Volle Wiese dann bei POÏSON RUIN. Wie zuvor aus Philadelphia aber die Mucke ist ist ja im Gegensatz schon fast harmlos. In irgendeinem Podcast (ich tippe auf "Dreck unter den Nägeln") wurde das als Kerkerpunk bezeichnet, was ich ziemlich treffend finde. Live klingt das derweil nicht ganz so sehr auf gewollt rau getrimmt, wie von Platte.
Der aufmerksame Bildglotzer sieht den Mond. Poison Ruïn zieht mich schon gut in ihren Bann und sind echt jetzt mal ne Band die gern auch etwas länger hätte spielen dürfen. Irrsinnig spannende Musik.
Vorne in dem verschwommenen Bild ist TOTAL NADA aus Montréal. Die klingen mit ihrem spanischen Texten wie ähnliche raue kolumbianische Punkbands, die andere Jahre beim Izero gespielt haben. Vorne war die Hölle los mit einer schimpfenden Person, die stark an Achim Menzel erinnerte.
Der nächste Länderpunkt, den ich sammeln kann, geht mit HEZ an Panama. Eine kleine aber vorhandene Szene gibt es da. Es gibt nochmal sehr punkigen Hardcore mit extrem viel Hall - besser gesagt ist wahrscheinlich Echo - auf dem Mikro. Absolute Party bei echten Treibhauskonditionen.
Bei BAD BREEDING aus Stevenage erwarte ich die Hölle im Atelier und positioniere mich sehr zeitig hinter der Werkbank und stehe auf irgendeinem wackeligem Würfel. Allein das Intro ist schon hörens- und sehenswert. Das geht einige Minuten wo mehrmals ein eruptiver Konzertstart angedeutet wird, aber dann doch nicht kommt. Anschließend verwandelt sich das Publikum in eine reinste Hardcoreparty. Es wird gemosht, gerempelt, gestagedived (wenn das Wort für eine 30 Zentimeter hohe Bühne existiert). Und das schönste an allem: Keine Windmühlen aus Biberach.
Zum ersten Male auf dem Festival nervt mich derweil eine Person, die permanent in meine Ohrmuschel brüllt, wie geil denn die Band ist. Polnisch und feucht lenkt mich das doch etwas ab. Dass er kein Fanboy ist, bekomme ich mit, als er am Ende des Gigs frug, wie denn die Band hieß. Am Ende bin ich durchgeschwitzt vom bloßen zuglotzen. Die Anarchos kann man so nochmal als sensationellem Abschluss einbuchen.
Vormittags kann man sich noch anschauen, ob es denn ein so eine Art halber LKW aus UK noch schafft aus der weichen Wiese zu entkommen. Drei Stunden nach unserem Verschwinden sollen die immer noch dort gestanden haben. Schätzungsweise sind das dann die zwei Stolperfallen für nächstes Jahr.
So denn. Das mit dem Geheimtipp hat sich wohl erledigt und man freut sich direkt auf das kommende Jahr.
So denn. Das mit dem Geheimtipp hat sich wohl erledigt und man freut sich direkt auf das kommende Jahr.